Differenzierungsstrategie vs. Kostenstrategie in Bau- und Immobilienunternehmen

Die Idee der generischen Wettbewerbsstrategien wurde von Michael Porter systematisch beschrieben. Er unterscheidet die Kostenführerschaft, die Differenzierung und den Fokus auf eine Nische. Bei Kostenführerschaft strebt ein Unternehmen die niedrigsten Gesamtkosten an, bei Differenzierung schafft es erkennbare Einzigartigkeit, die zu Preisprämien oder zu bevorzugter Nachfrage führt. Der Fokus richtet sich auf klar abgegrenzte Segmente und kann wiederum als Kostenfokus oder als Differenzierungsfokus ausgestaltet werden. 

Das Wichtigste in Kürze

Eine Strategie verlangt eine konsistente Wertschöpfungslogik, eindeutige Prioritäten und die Vermeidung von halben Lösungen. Ein Unternehmen, das viele widersprüchliche Ziele gleichzeitig verfolgt, bleibt im mittleren Feld stecken, es erzielt weder deutliche Kostenvorteile noch überzeugende Einzigartigkeit. Bauwirtschaft und Immobilienwirtschaft weisen Besonderheiten auf, die die Wahl der Strategie prägen. Beide Branchen sind kapitalintensiv, stark reguliert, zyklisch und in Deutschland von vielen mittelständischen Akteuren geprägt. Projekte sind oft Unikate, die Lieferketten sind lang, Schnittstellen sind zahlreich, Planungs und Ausführungsrisiken sind hoch. 

Kostenstrategie in Bauunternehmen

Bauunternehmen agieren überwiegend im Projektgeschäft. Der Wettbewerbsdruck ist hoch, die Renditen sind niedrig. Eine Kostenstrategie zielt daher auf die Senkung der Gesamtherstellungskosten je Quadratmeter und auf die Reduktion von Abweichungen in Zeit, Qualität und Budget.

Werttreiber, Methoden und Organisation

Lean Construction und Taktplanung: Durch stabile Flüsse, klare Schnittstellen, tägliche Steuerung vor Ort und lernende Standards sinken Rüst- und Wartezeiten, Nacharbeiten gehen zurück, die Planbarkeit steigt.

Durchgängiges BIM von der Akquise bis zur Abrechnung: Mengen, Kosten und Termine werden konsistent geführt, Kollisionen werden vor Baubeginn identifiziert, 4D und 5D Simulationen machen Bauabläufe transparent.

Serielle und modulare Bauweisen: Vorfertigung verlagert Wertschöpfung in kontrollierte Fabrikumgebungen, erhöht Wiederholbarkeit und senkt Fehlerrisiken.

Professioneller Einkauf und partnerschaftliche Rahmenverträge: Lieferantenintegration und mehrjährige Bündelung stabilisieren Preise und Verfügbarkeiten.

Stringentes Angebots und Risikomanagement: Entscheidungen zum Mitbieten folgen klaren Kriterien, Risiken werden monetarisiert und mit Gegenmaßnahmen hinterlegt, das Nachtragsmanagement ist aktiv und fair.

Beispielunternehmen:

Goldbeck zeigt, wie Standardisierung, Fertigteilwerke und eine Leistung aus einer Hand Geschwindigkeit, Qualität und Kostensicherheit kombinieren. Der Geschäftsbericht nennt Investitionen in moderne Stahl und Betonfertigung sowie in digitale Prozesse, die die Skalenvorteile des Systembaus sichern. Max Bögl treibt modularen Wohnungsbau mit dem System Max Modul voran. Broschüren und Studien dokumentieren die standardisierten Module, die verkürzten Bauzeiten und die industrienahen Abläufe. 

Differenzierungsstrategie in Bauunternehmen

Differenzierung bedeutet, dass der Kunde einen klaren Mehrwert erkennt und bereit ist, diesen Mehrwert mit einem besseren Preis oder mit einer bevorzugten Vergabe zu honorieren. In der Bauwirtschaft sind vor allem vier Felder entscheidend, Zeit, Nachhaltigkeit, Komplexitätskompetenz und Kundenerlebnis.

Felder der Differenzierung

Verlässliche Termine und kurze Gesamtprojektzeiten: Wer Genehmigungsprozesse begleitet, Vorleistungen entflechtet, Baulogistik optimiert und Vorfertigung systematisch nutzt, erzielt eine messbar kürzere Zeit bis zur Inbetriebnahme. 

Nachhaltigkeit entlang des Lebenszyklus: Deutsche Zertifizierungssysteme wie DGNB und BNB bewerten die Gesamtleistung eines Gebäudes, von Ökobilanz und Energie über gesellschaftliche Wirkung bis zur Qualität der Baustelle. Eine klare Auszeichnung in Platin, Gold oder Silber sowie ein nachvollziehbarer CO zwei Pfad schaffen Glaubwürdigkeit.

Kompetenz für komplexe Gebäudetypen und Infrastruktur: Unternehmen mit ausgewiesener Erfahrung in Krankenhäusern, Tunneln, Flughäfen oder Rechenzentren reduzieren Schnittstellenrisiken und bieten damit Sicherheit für Auftraggeber.

Erlebbarer Service: Dazu zählen digitale Visualisierungen, klare Service Level für Reaktions und Gewährleistungsfristen, transparente Kommunikation und ein Gewährleistungsmanagement mit echter Lösungskompetenz. 

Die Differenzierung wird in einem geordneten Pfad aufgebaut. Zuerst werden zwei bis drei Merkmale ausgewählt, die kaufentscheidend sind, zum Beispiel Terminsicherheit und Nachhaltigkeit. Danach folgen Piloten mit messbaren Zielen, die Markenführung wird angepasst, Referenzen werden systematisch kommuniziert, und die Preismodelle spiegeln die Mehrwerte wider.

 

Bedrohung durch Substitute

Die Bedrohung durch Substitute (Ersatzprodukte oder -dienstleistungen) meint die Konkurrenz durch alternative Lösungen, die das gleiche Kundenbedürfnis befriedigen, jedoch aus einer anderen Branche oder mittels anderer Technologien stammen. Substitute können den Preisdeckel für eine Branche bilden. Wenn Kunden auf eine andere Lösung ausweichen können, wird die Zahlungsbereitschaft für das Branchenprodukt begrenzt. Im Bau- und Immobiliensektor ist diese Wettbewerbskraft auf den ersten Blick weniger anschaulich als etwa in der Konsumgüterindustrie (wo z. B. Glasflaschen vs. Dosen ein Substitute darstellen, oder E-Mail vs. Briefpost). 

Bauunternehmen

Für Bauunternehmen lautet die Kernfrage: Welche Alternativen gibt es zum klassischen Bauen durch ein Bauunternehmen? Wenn ein Kunde ein Bedürfnis nach einem Bauwerk hat, sei es ein Haus, eine Fabrikhalle oder eine Straße, gibt es prinzipiell nur die Möglichkeit, dieses Bauwerk zu errichten oder das Bedürfnis auf andere Weise zu erfüllen. Eine direkte Substitution des Produkts Bauleistung ist schwierig, da letztlich physische Bauwerke benötigt werden. Dennoch gibt es Ansätze von Substitution auf verschiedenen Ebenen:

(a) Ersatz durch alternative Erfüllung des Bedarfs: Ein Bauwerk wird errichtet, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen (Wohnen, Arbeiten, Mobilität etc.). Substitute könnten bedeuten, dass dieser Zweck anders erfüllt wird, ohne neues Bauwerk. Beispielsweise könnte das Bedürfnis nach mehr Wohnraum auch dadurch befriedigt werden, dass bestehende Gebäude umgenutzt oder ausgebaut werden, Dachausbau statt Neubau, Umbau von leerstehenden Bürogebäuden zu Wohnungen etc.. In dem Sinne ist Bestandssanierung oder -umnutzung ein Substitute für Neubau. Wenn etwa Wohnraummangel herrscht, könnte die Gesellschaft entweder neue Wohngebäude bauen (Auftrag für Bauunternehmen) oder leerstehende Gewerbeflächen in Wohnungen umwandeln (geringerer Bedarf an Neubau). Für Bauunternehmen fällt zwar auch bei Umbauten Arbeit an, aber oft sind andere Gewerke beteiligt oder der Umfang ist geringer. Insofern konkurriert der Sektor Neubau mit dem Sektor Bestandsbau. In Ländern mit stagnierender Bevölkerung wird oft mehr in Bestand investiert als neu gebaut, was den Neubau-Baufirmen den Markt schmälert. Auch in Deutschland gibt es Phasen, wo wegen Baukostenexplosion vermehrt Renovierung alten Bauens vor Neubau bevorzugt wurde, ein substituierender Effekt.

(b) Ersatz durch alternative Bauverfahren/-anbieter: Hierbei bleibt das Ziel ein Bauwerk, aber es wird anders hergestellt als durch das klassische Bauunternehmen vor Ort. Ein wichtiges Beispiel sind Fertighäuser bzw. modularer Vorfertigungsbau. Ein traditionelles Bauunternehmen mauert ein Haus Stein-auf-Stein auf der Baustelle. Ein Fertighausanbieter produziert Wände und Dächer in einer Fabrik und montiert das Haus in wenigen Tagen vor Ort. Aus Sicht eines Bauherren kann das Fertighaus ein Substitut zum Einschalten eines örtlichen Bauunternehmens sein. Und tatsächlich haben Fertighaushersteller eigene Vertriebswege. Sie sind eher der Fertigbauindustrie zuzurechnen als dem klassischen Bauhandwerk. In Deutschland hat der Fertigbau im Ein- und Zweifamilienhausbereich einen erheblichen Marktanteil, Tendenz steigend: Im Jahr 2022 lag der Anteil der Fertighäuser an genehmigten Ein- und Zweifamilienhäusern bei etwa 23,5 %, destatis weist für fertiggestellte Häuser rund 23 % aus. Das heißt, fast jedes vierte neue Einfamilienhaus wird nicht mehr „konventionell“ von einem Bauunternehmen vor Ort errichtet, sondern von der Fertigbauindustrie geliefert. Für die vor Ort tätigen Bauunternehmen sind Fertighäuser damit ein spürbares Substitut und entziehen ihnen Marktvolumen. Modulares Bauen hat nicht nur im Wohnungsbau Bedeutung; es wird auch bei Schulen, Bürogebäuden etc. vermehrt eingesetzt. Ganze Raummodule werden industriell vorgefertigt und dann zu Gebäuden zusammengesetzt, was die traditionelle Baustelle verkleinert. Modularer Bau kann schneller, manchmal kostengünstiger und qualitativ konsistenter sein, was insbesondere bei Fachkräftemangel attraktiv wird. Für herkömmliche Bauunternehmen stellt dies eine erhebliche Herausforderung dar. Sie verlieren Marktanteile an Substitute, wenn sie nicht selbst solche Methoden adaptieren.

Ähnliches gilt für Do-it-Yourself und Selbstbau als Substitut: Im kleinen Umfang mag ein privater Bauherr sich entscheiden, einiges in Eigenleistung zu erbringen (z.B. Innenausbau), statt eine Baufirma zu beauftragen. Das ist substitutiv für die Bauleistung. Im größeren Rahmen gibt es Bauherrengemeinschaften oder Generalübernehmermodelle, wo der Kunde die Koordination übernimmt und nur Einzelgewerke beauftragt statt einen Generalunternehmer. Damit substituiert der Kunde teilweise die Rolle des Bauunternehmers (Selbstbau-Organisation). Diese Formen sind Nischen, aber existieren.

(c) Ersatzprodukte im Sinne Materialersatz: Streng genommen bezieht sich Porters Konzept der Substitute auf Produkte anderer Branchen. Im Baukontext könnte man Material- oder Techniksubstitute nennen. Beispielsweise kann ein Stahlbetontragwerk substituiert werden durch eine Holzkonstruktion. Für einen Bauunternehmer, der z. B. auf Betonbau spezialisiert ist, wäre ein Trend zu Holzbauten ein Substitute. Das ist aber eher eine Konkurrenz zwischen Bauweisen innerhalb der Branche. Ein konkreteres Beispiel: Im Tiefbau kann eine offene Baugrube (konventionell gebaut) substituiert werden durch eine Tunnelbohrmaschine (maschineller Tunnelvortrieb). Substituiert manuell-intensive Arbeit durch kapitalequipment-intensive Arbeit. Dies hat Auswirkungen auf welche Firmen zum Zug kommen, Spezialtiefbauer mit teurem Gerät vs. klassische Baufirmen. Solche Technologiewechsel könnte man bedingt als Substitute auffassen, allerdings bleiben es Bauleistungen.

Wie stark ist diese Wettbewerbskraft nun für Bauunternehmen? Traditionell galt: Relativ gering, denn "gebaut werden muss immer, Substitute sind begrenzt". Es gibt keine einfache Alternative dazu, ein physisches Bauwerk zu errichten, wenn ein neues benötigt wird. Das unterscheidet die Bauindustrie von vielen anderen Branchen. Die Austauschbarkeit ist begrenzt. Allerdings sollten Bauunternehmen die aufkommenden Trends nicht unterschätzen. Fertigbau hat, wie genannt, signifikante Marktanteile erreicht; Digitalisierungsfolgen könnten in Zukunft den Bedarf an bestimmten Bautypen mindern (weniger Bürobau durch Homeoffice, weniger Parkhäuser durch autonomes Fahren und Carsharing etc.). Der Klimawandel und Nachhaltigkeit könnten ebenfalls substitutive Effekte haben: z.B. statt Neubau vermehrt Umbau (graue Energie sparen), oder alternative Materialien (Holz statt Beton zur CO₂-Einsparung). In dem Sinne steigt die Bedrohung durch Substitute langsam an.

Porter selbst merkte an, dass Substitute die Attraktivität einer Branche besonders dann bedrohen, wenn sie preislich oder leistungsbezogen vorteilhaft sind und Kunden geneigt sind, zu wechseln. Bei Fertighäusern bspw. kann der Vorteil Schnelligkeit und möglicherweise Kosten sein. Wenn die Qualität gleichwertig ist, werden mehr Bauherren darauf umschwenken. Für herkömmliche Bauunternehmen bedeutet das Umsatzverlust, sofern sie nicht selbst in das Segment einsteigen.

Zusammenfassend ist die Bedrohung durch Substitute im klassischen Hoch- und Tiefbau bislang moderat. Es gibt substitutive Tendenzen (Fertigbau, Renovation statt Neubau), aber das Kerngeschäft des Bauens hat nach wie vor eine gewisse Einzigartigkeit. Keine andere Branche kann vollständig die Erstellung neuer Gebäude ersetzen. Irgendwer muss bauen. Die Frage ist nur, wer und wie. Wenn es die industrielle Fertigung macht statt die traditionelle Baukolonne, ist das in Porters Sinne ein Substitute (Branchenübergreifend: Industrie vs. Handwerk). Bauunternehmen müssen diese Entwicklungen beobachten und möglicherweise ihr Geschäftsmodell anpassen, um nicht von substitutiven Lösungen verdrängt zu werden. Einige große Baufirmen haben bereits Modulelement-Bau als Leistung integriert oder konzentrieren sich auf Sanierungsprojekte, um auch in dem Segment aktiv zu sein und dort entstehenden Umsatz mitzunehmen.

Immobilienunternehmen

Im Immobiliensektor stellt sich die Frage nach Substituten in etwas anderer Form. Wie können die Funktionen von Immobilien durch andere Mittel erfüllt werden? Immobilien (Gebäude, Räume) dienen zum Wohnen, Arbeiten, Lagern, Verkaufen usw. Substituten würden bedeuten, diese Funktionen ohne physische Immobilien bereitzustellen, oder mittels anderer Konzepte, sodass traditionelle Immobilienanbieter weniger gebraucht werden.

Ein deutliches substitutives Phänomen ist die Digitalisierung von Tätigkeiten, die früher ortsgebunden waren:

  • Arbeit: Durch Homeoffice, Co-Working und digitale Kommunikation kann ein Teil der Bürotätigkeiten außerhalb klassischer Büros stattfinden. Dies substituiert nicht vollständig Büros, verringert aber den Bedarf. Unternehmen hinterfragen, ob sie noch große Zentralen brauchen oder ob flexible Arbeitsplatzmodelle ausreichen. Für Büroimmobilienunternehmen bedeutet dies langfristig potentielle geringere Nachfrage. Sprich, die Dienste der Immobilien (Arbeitsplatz bereitstellen) werden substituiert durch das häusliche Arbeitszimmer oder virtuelle Zusammenarbeit.

  • Handel: Der Aufstieg des E-Commerce substituiert teilweise die Notwendigkeit stationärer Ladengeschäfte. Kunden können online einkaufen, wodurch Einzelhändler weniger Filialfläche benötigen. In der Folge schrumpft die Nachfrage nach Ladenflächen, was Retail-Immobilienbetreiber vor Herausforderungen stellt. Die Corona-Pandemie hat diesen Trend beschleunigt: Onlinehandel boomte, viele Ladengeschäfte mussten schließen. In den Innenstädten werden Flächen frei. So wirkt der Substitute (Online-Shop statt Geschäft) direkt auf die Immobilienbranche.

  • Unterhaltung: Streamingdienste substituieren Videotheken (die ohnehin verschwunden sind) und verringern evtl. auch Kinobesuche; Online-Gaming substituiert Spielhallen. Solche Effekte betreffen spezielle Immobilien (Freizeitimmobilien).

  • Hospitality: Geschäftsreisen können teils durch Videokonferenzen ersetzt werden, was die Hotelauslastung senkt. Man braucht für ein Meeting kein Hotel mehr, wenn es virtuell stattfindet.

All diese Beispiele zeigen, dass Immaterialisierung gewisse Immobiliennutzungen reduziert oder ersetzt. Das bedeutet für Immobilienunternehmen, speziell für Investoren, dass die "Bedrohung durch Substitute" in Form von Änderung der Endnutzungsgewohnheiten real ist. 

Rivalität unter bestehenden Wettbewerbern

Die fünfte Kraft, die Wettbewerbsintensität innerhalb der Branche, betrachtet das Ausmaß, in dem die bestehenden Unternehmen in der Branche miteinander konkurrieren. Sie manifestiert sich in Preiskämpfen, Werbeschlachten, Innovationsduellen oder anderen Maßnahmen, mit denen sich Wettbewerber Marktanteile streitig machen. Hohe Rivalität drückt die Profitabilität, weil Ressourcen für den Konkurrenzkampf aufgewendet werden und Margen sinken. Faktoren, die die Rivalität verschärfen, sind zum Beispiel eine große Anzahl von Wettbewerbern, langsames Marktwachstum, geringe Produktdifferenzierung, Überkapazitäten oder hohe Austrittsbarrieren aus dem Markt. 

Bauunternehmen

Die Bauindustrie wird häufig als Paradebeispiel für einen sehr intensiven Wettbewerb genannt. Sie ist in der Tat durch mehrere der oben genannten Faktoren gekennzeichnet. Erstens gibt es viele Wettbewerber. Diese Vielzahl an Marktteilnehmern schafft eine Situation, in der in fast jedem Segment mehrere Anbieter um Aufträge wetteifern. Die Branche wird deshalb oft als „kräfteintensiv“ beschrieben, d. h. alle fünf Kräfte sind stark ausgeprägt, insbesondere aber die Rivalität unter den Unternehmen. 

Zweitens ist das Marktwachstum der Bauwirtschaft zyklisch und oft nur moderat. In Boomphasen kann die Nachfrage zwar kräftig steigen, aber in vielen Jahren wächst das Bauvolumen kaum oder schrumpft sogar real. Wenn jedoch viele Anbieter auf einem stagnierenden Markt agieren, steigt die Rivalität, da jeder versuchen muss, dem anderen Marktanteile abzunehmen, um zu wachsen. Drittens sind Bauleistungen oft relativ wenig differenziert, vor allem in niedrig- und mittelhoch angesiedelten Bereichen. Leistungen, wie Betonarbeiten, Mauerwerk, Putz, Straßenbelag werden nach Normen und Qualitätsstandards ausgeführt, die viele beherrschen. Aus Kundensicht ist daher das Angebot verschiedener Firmen vergleichbar, austauschbar, was zu Wettbewerb primär über den Preis führt. Tatsächlich sind „Preisschlachten“ im Baugewerbe berüchtigt. Anbieter unterbieten sich manchmal bis an die Grenze oder sogar unter die eigenen Kosten, in der Hoffnung auf Nachträge oder Folgeaufträge. Dieses aggressive Preiskämpfen drückt die Margen enorm. Die Rivalität manifestiert sich also hauptsächlich in Preiswettbewerb, da andere Unterscheidungsmerkmale schwer zu erzielen sind. Werbung spielt im Bau eine geringere Rolle, Produktinnovationen sind begrenzt. Auch Service und Geschwindigkeit sind natürlich Themen, aber am Ende zählt oft der gebotene Preis, insbesondere im Geschäft mit professionellen Auftraggebern und öffentlichen Ausschreibungen.

Ein Indikator dieser Konkurrenzsituation sind die geringen Gewinnspannen der Branche. Viele kleine und mittlere Bauunternehmen arbeiten mit bescheidenen Eigenkapitalrenditen. Laut Branchenkennzahlen liegt die operative Marge bei den meisten Bauunternehmen nur im einstelligen Prozentbereich. Ein weiterer Treiber für Rivalität ist die Kostenstruktur. Bauunternehmen haben gewisse Fixkosten, wie bspw. Gerätevorhaltung, Kernpersonal, Verwaltung. Und vor allem haben sie Interesse, ihr Personal und Maschinen auszulasten. Bei Auftragsflaute drohen teure Leerzeiten oder Abwanderung von Fachkräften. Daher bieten viele Bauunternehmen lieber Projekte mit Minimalgewinn oder sogar Null-Marge an, als ihre Leute untätig zu lassen. Diese Not kann den Preiswettbewerb noch verschärfen, weil Unternehmen bereit sind, extrem knapp zu kalkulieren, nur um im Geschäft zu bleiben. Das steigert natürlich die Rivalität auf ein ungesundes Niveau.

Die Rivalität äußert sich nicht nur im Preis. Manchmal werden Kapazitätserweiterungen trotz fraglicher Marktlage vorgenommen, z. B. neue Niederlassungen in weiteren Regionen eröffnet, um anderen zuvorzukommen. Interessant ist auch die Spaltung des Marktes in Nischen. Nischenanbieter, die sich spezialisieren wie etwa auf Brückensanierung, Tunnelbau, ökologisches Bauen etc., können sich dem härtesten Wettbewerb etwas entziehen, weil sie spezielle Leistungen anbieten und dadurch weniger direkte Wettbewerber haben. Diese Nischen reduzieren die Rivalität zumindest innerhalb ihres speziellen Segments, weil die Differenzierung höher ist. Für die Branche als Ganzes sind solche Oasen aber klein, insgesamt bleibt der Hauptmarkt sehr kompetitiv.

Die Bauindustrie kann als wettbewerbsintensiv und für die Anbieter schwer profitabel charakterisiert werden. Strategien der Unternehmen drehen sich oft darum, aus diesem intensiven Wettbewerb auszubrechen (Differenzierung, Spezialisierung, Internationalisierung) oder über Kostenführerschaft zu überleben. Große Unternehmen versuchen Größenvorteile und Effizienz zu nutzen. 

Immobilienunternehmen

Die Rivalität unter Immobilienunternehmen ist ein etwas komplexeres Bild, weil die Immobilienbranche aus mehreren Teilssegmenten besteht, die unterschiedlich strukturiert sind: Wohnungsunternehmen, Gewerbeimmobilieninvestoren, Projektentwickler, Makler, etc. 

Im Projektentwicklungsbereich (Bauträger) herrscht intensiver Wettbewerb um attraktive Projekte und Grundstücke. Ein Kennzeichen ist, dass es in prosperierenden Regionen viele Akteure gibt, die bauen möchten, aber nur begrenzt Baugrundstücke. Es kommt daher zu Wettbewerb um Land. Hier konkurrieren Immobilienunternehmen indirekt. Wer mehr bietet, erhält das Grundstück, aber zahlt auch den Preis und hat dann entsprechend geringere Marge im späteren Verkauf. In Boomzeiten haben viele Entwickler sehr hohe Grundstückspreise bezahlt, um Projekte zu ergattern, was als Rivalitätsausdruck gesehen werden kann Man nimmt bewusst Gewinnminderung in Kauf, nur um das Projekt nicht dem Konkurrenten zu überlassen. Das erhöht das Risiko und drückt die Rentabilität. Ein typisches Merkmal intensiver Rivalität.

Auf der Ebene des Absatzes (Verkauf von Immobilien) war die Rivalität zwischen Entwicklern bisher begrenzt spürbar, weil die starke Nachfrage vieles absorbierte. Doch wenn Absatz stockt, werden Entwickler zu Rivalen um die Käufer. Beispielsweise bei Eigentumswohnungen in einem bestimmten Stadtteil. Sind mehrere Projekte parallel auf dem Markt, werden die Entwickler mit ihren Angeboten konkurrieren, ggf. über Ausstattung, Preisnachlässe, Boni etc.. 

Bei Immobilieninvestoren/Bestandshaltern zeigt sich Rivalität vor allem im Wettbewerb um Mieter (bei Gewerbe) und um Kaufobjekte (bei Investments).

  • Wettbewerb um Mieter: Wenn mehrere Bürogebäude leerstehen, konkurrieren die Eigentümer um die wenigen interessierten Firmen. Sie unterbieten sich ggf. in der Miete, bieten mietfreie Zeiten, Umbauten etc.. In diesem Sinne ist Rivalität in Immobilien eher marktphasenabhängig. In einem Vermietermarkt (Nachfrage > Angebot) gibt es wenig Rivalität um Mieter. Die Mieter konkurrieren um Flächen. In einem Mietermarkt (Angebot > Nachfrage) konkurrieren Vermieter stark. 

  • Wettbewerb um Objekte (Transaktionsmarkt): Immobilieninvestoren wetteifern um attraktive Investments. In Niedrigzinsphasen floss viel Kapital in Immobilien, was eine Rivalität der Käuferseite erzeugte. 

Die Immobilienwirtschaft (z.B. Wohnungswirtschaft in Deutschland) hat einige große Player, aber nach wie vor viele kleine (z.B. private Eigentümer). In der Vermietung von Wohnraum konkurrieren große und kleine Vermieter nur begrenzt direkt, da kleine oft in Nischen (ein Haus hier, eine Wohnung da) agieren und die Großen im Massenmarkt. Dennoch, dort wo sie Schnittmengen haben (z.B. in Berlin viele Anbieter um Mieter), existiert Rivalität, aber sie äußert sich meist über Service oder Modernität, da Mietpreise ja oft reguliert bzw. marktweit ähnlich. Einige große Wohnungsunternehmen versuchen, mit besserem Service (schnelle Reparaturen, digitale Mieterportale) einen Vorteil zu haben. Ein Zeichen, dass sie sich differenzieren wollen. Gelingt Differenzierung, sinkt direkte Rivalität. Man punktet über Qualität statt Preis. Wenn nicht, kann es z. B. bei hochpreisigen Neubauwohnungen zu Leerstand kommen, und Rivalen senken Mieten.

Differenzierungsgrad: Wer etwas Einmaliges im Portfolio hat, muss weniger mit anderen konkurrieren. Wie Porter sagt, starke Rivalität herrscht besonders bei undifferenzierten Angeboten. Der Wohnungsmarkt ist oft wenig differenziert (Wohnung ist Wohnung, Lage macht den Unterschied, aber das ist extern), daher hohes Rivalitätsrisiko. Gewerbeimmobilien können durch Standort, Gebäudequalität sich differenzieren. Doch am Ende zählen Miete und Lage primär.

Austrittsbarrieren: Immobilienunternehmen halten oft große Vermögenswerte, ein Rückzug aus dem Markt ist meist mit Verkauf der Assets verbunden, was je nach Markt schwierig ist (in einer Krise z. B. Verkäufe nur mit Verlust). Daher bleiben viele im Markt und versuchen durchzuhalten, selbst wenn Renditen schlecht sind.

Allerdings kennen Immobilien nicht so etwas wie sofortigen "ruinösen Wettbewerb" wie im Bau, da Preise sich träge bewegen und oft langfristige Verträge (Mietverträge) gelten. Rivalität spielt sich eher in Phasen der Neuvermietung oder -verkäufe ab.

Die Rivalität unter Immobilienentwicklern ist ebenfalls stark, aber die Akteure handeln klug. Sie bauen oft erst, wenn ein großer Teil verkauft/vorvermietet ist (um Preiskampf zu vermeiden). Sie meiden Überangebot, soweit möglich. Aber manchmal überschätzt die Branche die Nachfrage, z. B. zu viele Hotels in einer Stadt gebaut. Der Hotelmarkt z.B. ist bekannt für zyklenbedingte Rivalität: Wenn zu viele Hotels eröffnen, unterbieten sie sich in der Rate, Profit sinkt – klassischer Rivalitätsausdruck.

Makler und Dienstleister der Immobilienbranche (Verwalter, Beratungen) haben auch Rivalität. Makler konkurrieren heftig um Vermittlungsmandate, viele Makler, begrenzte Objekte.

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