Porters Five Forces im Bau- und Immobiliensektor
Das Fünf-Kräfte-Modell nach Michael E. Porter ist ein etabliertes Instrument der strategischen Managementlehre zur Analyse der Attraktivität von Branchen. Es beschreibt fünf wettbewerbsbestimmende Kräfte, die den Wettbewerb in einer Branche prägen und damit deren Rentabilität beeinflussen. Zu diesen „Five Forces“ zählen: (1) die Bedrohung durch neue Wettbewerber, (2) die Verhandlungsmacht der Lieferanten, (3) die Verhandlungsmacht der Kunden, (4) die Bedrohung durch Ersatzprodukte (Substitute) und (5) die Rivalität unter den bestehenden Wettbewerbern. Die kombinierte Stärke dieser Wettbewerbskräfte bestimmt, wie attraktiv bzw. profitabel eine Branche ist – je stärker eine oder mehrere dieser Kräfte ausgeprägt sind, desto schwieriger ist es für die Unternehmen, nachhaltige Gewinne zu erzielen. Umgekehrt führt eine Schwächung aller fünf Kräfte zu einer „5-Sterne-Industrie“, in der hohe Profitabilität möglich ist, da z.B. wenige Wettbewerber, hohe Markteintrittsbarrieren und schwache Verhandlungspositionen von Lieferanten und Kunden vorliegen.
Das Wichtigste in Kürze
Die Bauwirtschaft ist durch projektbasiertes Arbeiten, eine hohe Zahl von Marktakteuren und starke Abhängigkeiten von konjunkturellen Zyklen gekennzeichnet. Demgegenüber umfasst die Immobilienwirtschaft u.a. Projektentwickler, Immobilieninvestoren sowie Bestandshalter, deren Geschäftsmodelle sich auf die Entwicklung, den Kauf, Verkauf und das Bewirtschaften von Grundstücken und Gebäuden konzentrieren. Beide Branchen sind eng miteinander verknüpft, beispielsweise sind Bauunternehmen oft als Lieferanten von Bauleistungen für Immobilienentwickler tätig, und Immobilienunternehmen treten als Kunden von Bauleistungen auf. Dennoch unterscheiden sich die Branchenstrukturen: Die Bauindustrie gilt als sehr wettbewerbsintensiv und fragmentiert, während die Immobilienbranche durch hohe Kapitalintensität und langfristige Investitionshorizonte geprägt ist.
Die Bedrohung durch neue Wettbewerber beschreibt, wie leicht oder schwierig es neuen Anbietern fallen kann, in eine Branche einzutreten und dort etablierte Unternehmen anzugreifen. Hohe Gewinne in einer Branche wirken wie ein Magnet auf potenzielle Neulinge, doch ob diese erfolgreich eintreten können, hängt von den Markteintrittsbarrieren ab. Zu den klassischen Markteintrittsbarrieren zählen laut Porter u.a. Skaleneffekte (Betriebsgrößenersparnisse), Produktdifferenzierung und Markenloyalität, hoher Kapitalbedarf, Wechselkosten der Kunden, Zugang zu Vertriebskanälen sowie staatliche Regulierungen. Sind diese Barrieren hoch, ist die Gefahr durch neue Konkurrenten gering, bestehende Firmen genießen dann einen „Schutzwall“ und können ihre Position halten. Bei geringen Eintrittsbarrieren hingegen können regelmäßig neue Wettbewerber in den Markt strömen, die um Marktanteile kämpfen und den Preisdruck erhöhen. In diesem Kapitel untersuchen wir, wie hoch die Markteintrittsbarrieren im Bau- und Immobiliensektor sind und wie sich folglich die Bedrohung durch neue Anbieter in beiden Bereichen darstellt.
Bauunternehmen
Die Bauindustrie weist in vielen Ländern – so auch in Deutschland – eine große Anzahl an Wettbewerbern auf, was ein Indiz dafür ist, dass die Markteintrittsbarrieren zumindest für kleinere Anbieter relativ überschaubar sind. Tatsächlich existieren in Deutschland zehntausende Bauunternehmen. Allein im Bauhauptgewerbe gab es 2022 rund 83.000 Betriebe mit über 900.000 Beschäftigten. Insgesamt umfasst die weitere Bauwirtschaft (inklusive Ausbaugewerbe und Handwerk) sogar über 360.000 Betriebe. Diese enorme Zahl an Marktteilnehmern – von Ein-Mann-Betrieben bis zu großen Baukonzernen – zeigt, dass der Markteintritt auf lokaler und kleiner Ebene durchaus möglich ist. Ein einzelner Maurermeister kann sich z.B. selbstständig machen oder ein kleines Bauunternehmen gründen, ohne auf unüberwindbare Hürden zu stoßen. Viele Bauleistungen erfordern keine patentierten Technologien oder etablierten Marken, sodass Know-how und berufliche Qualifikation oft die wichtigste Voraussetzung darstellen. Auch der Kapitalbedarf für den Einstieg in kleinem Maßstab hält sich in Grenzen: Ein kleines Bauunternehmen benötigt zunächst vor allem Werkzeug, Standard-Baubedarfsartikel und eventuell einige Maschinen oder Fahrzeuge – Investitionen, die überschaubar sind im Vergleich zu anderen Industrien (z.B. zur Gründung einer Automobilfabrik).
Die geringen Eintrittsbarrieren im kleinteiligen Segment haben dazu geführt, dass in der Vergangenheit viele neue Anbieter in den Markt drängten. Von 2008 bis 2018 ist die Zahl der Unternehmen im deutschen Baugewerbe um über 30 % gestiegen. Dieser Zuwachs an Firmen – häufig Kleinst- und Kleinbetriebe – erhöht natürlich den Wettbewerb um Bauaufträge. Neueinsteiger versuchen Marktanteile zu gewinnen, oftmals indem sie über den Preis konkurrieren. Insbesondere in Phasen guter Baukonjunktur erscheinen Markteintritte attraktiv: In Boomjahren gründen sich zahlreiche Baufirmen oder Handwerksbetriebe neu, um von der hohen Nachfrage zu profitieren. Diese Dynamik bestätigt, dass die Bedrohung durch neue Wettbewerber in Teilen des Baumarkts real ist und bestehende Bauunternehmen kontinuierlich mit zusätzlichen Konkurrenten rechnen müssen.
Allerdings relativiert sich die Bedrohung durch neue Wettbewerber, wenn man das obere Marktsegment betrachtet – also größere Bauunternehmen und komplexe Projekte. Hier treten deutlich höhere Eintrittsbarrieren zutage. Um beispielsweise im Großprojektgeschäft (etwa im Infrastruktur- oder Hochhausbau) mitmischen zu können, sind beträchtliche Ressourcen erforderlich. Erstens wirken Skaleneffekte: Neue Wettbewerber müssten eine ausreichende Unternehmensgröße erreichen, um effizient wirtschaften zu können und mit etablierten Anbietern preislich mitzuhalten. Große Baukonzerne haben etwa eingespielte Prozesse, können in großen Mengen Material einkaufen und verfügen über einen breiten Gerätepark – Vorteile, die ein Neuling erst einmal aufbauen müsste. Zweitens spielt Kapitalbedarf eine große Rolle: Für die Anschaffung von schwerem Baugerät (Krane, Bagger, Gerüste), für die Vorfinanzierung von Löhnen und Material bis zur Zahlung durch den Bauherrn und für die Stellung von Sicherheiten (z.B. Bürgschaften) benötigt ein Bauunternehmen erhebliches Kapital. Die Eintrittsbarriere hoher Kapitalbedarf gilt daher im Baugewerbe als bedeutend. Drittens bestehen institutionelle Hürden und Regularien: In Deutschland unterliegt das Bauhandwerk bestimmten Zulassungsvoraussetzungen – so müssen beispielsweise zahlreiche Bauhandwerke (Maurer, Zimmerer, Dachdecker usw.) durch Handwerksmeister geführt werden, um ein Gewerbe auszuüben. Diese Regelung der Handwerksordnung schafft zwar qualitativ hohe Standards, wirkt aber zugleich für Branchenfremde als Barriere, da entsprechende Qualifikationen oder Einstellungen notwendig sind. Bei öffentlichen Aufträgen gibt es zudem Präqualifikationen und Zulassungslisten: Ein völlig neues Unternehmen ohne Referenzen oder Zertifikate wird Schwierigkeiten haben, sofort an große öffentliche Bauvergaben zu gelangen.
Darüber hinaus ist die Bindung der Auftraggeber an bestehende Anbieter ein weicher Markteintrittshemmschuh. In der Bauwirtschaft spielen Reputation und vertrauensvolle Beziehungen eine große Rolle. Ein Bauherr (Kunde) greift bei wichtigen Projekten bevorzugt auf bekannte, bewährte Bauunternehmen zurück, mit denen er gute Erfahrungen gemacht hat. Diese Produktdifferenzierung im Sinne von Porter – hier eher als Differenzierung über Referenzen und Qualität – bedeutet für Newcomer eine Herausforderung: Ohne nachgewiesene erfolgreiche Projekte ist es schwer, einen Auftraggeber zu überzeugen. Dies schafft eine Art Loyalität der Kunden gegenüber etablierten Firmen, die ein neuer Wettbewerber erst durchbrechen muss, oft durch besonders günstige Angebote oder innovative Ansätze. Letzteres kann kostspielig sein und initiale Verluste bedeuten, was die Hürde weiter erhöht.
Trotz dieser anspruchsvolleren Bedingungen auf höherer Ebene: Die Bauindustrie kennt keine absoluten Markteintrittsschranken. Es gibt kein gesetzliches Monopol, keine Patentbarrieren für übliche Bauverfahren und keine extreme Konzentration, die Neulinge völlig ausschlösse. Vielmehr muss differenziert werden: Kleine Markteintritte – z.B. als lokaler Bautrupp oder Subunternehmer – sind alltäglich und halten die Branche dynamisch. Größere Markteintritte – z.B. ein neuer mittelständischer Generalunternehmer, der in den überregionalen Markt eintritt – sind seltener, erfordern hohe Professionalität und oft einen langen Atem. Eine gewisse Abschreckung geht auch von der intensiven Rivalität (siehe Kapitel 6) aus: Neue Anbieter sehen, dass in der Bauwirtschaft mit harten Bandagen (Preiskampf) gekämpft wird und die Margen knapp sind, was den Anreiz mindert, neu einzusteigen. Porter betont, dass neben den Barrieren auch die erwartete Reaktion der etablierten Unternehmen relevant ist: Wenn Neueinsteiger antizipieren, dass bestehende Firmen aggressiv auf Markteintritte reagieren (z.B. mit Preisunterbietungen), sinkt die Eintrittswahrscheinlichkeit. In der Baupraxis kommt es vor, dass große Baukonzerne sehr niedrige Preise bieten, um ihre Marktanteile zu verteidigen, was potenzielle Neugründer abschreckt.
In Summe lässt sich für Bauunternehmen festhalten: Die Bedrohung durch neue Wettbewerber ist segmentabhängig. Im kleinteiligen, regionalen Bereich ist der Markteintritt relativ einfach – entsprechend hoch ist hier die Fluktuation und Konkurrenz durch neue Firmen. Im oberen Marktsegment (große Projekte, überregionale Tätigkeiten) hingegen wirken substanzielle Markteintrittsbarrieren, die die Anzahl der ernstzunehmenden neuen Wettbewerber begrenzen. Etablierte große Bauunternehmen wie etwa die in Deutschland führenden Konzerne (HOCHTIEF, Strabag, Züblin u.a.) sehen sich daher eher selten mit völlig neuen Konkurrenten auf Augenhöhe konfrontiert – deren Wettbewerber sind meist ebenfalls schon lange im Markt. Kleinere und mittelgroße Bauunternehmen dagegen spüren durchaus den kontinuierlichen Zustrom neuer Mitbewerber, was den Wettbewerbsdruck hoch hält. Insgesamt ist die Bedrohung durch neue Wettbewerber im Baugewerbe als moderat einzustufen: Sie ist nicht so hoch, dass laufend große Disruptionen durch neue Player entstehen würden, aber auch nicht so niedrig, dass bestehende Firmen sorglos sein könnten. Gerade in Zeiten guter Baukonjunktur steigt die Gefahr neuer Markteintritte spürbar an.
Immobilienunternehmen
Im Immobiliensektor – insbesondere bei Immobilienentwicklern und -investoren – stellt sich die Frage nach neuen Wettbewerbern etwas anders dar. Immobilienunternehmen im Sinne dieses Buches sind primär solche, die Immobilienprojekte entwickeln (Bauträger, Projektentwickler) oder Bestandsimmobilien besitzen und bewirtschaften (Immobilienbestandshalter, Wohnungsunternehmen, REITs etc.). Die Markteintrittsbarrieren in diesem Bereich sind tendenziell hoch, vor allem aufgrund der ausgeprägten Kapitalintensität des Geschäfts. Während ein kleines Bauunternehmen mit einigen zehntausend Euro Startkapital gegründet werden kann, erfordert schon ein einzelnes Immobilienprojekt schnell viele Millionen Euro an Finanzierung. Ein Entwickler, der beispielsweise ein Mehrfamilienhaus bauen und verkaufen will, muss zunächst das Grundstück erwerben, Planungskosten stemmen und den Bau vorfinanzieren – all dies, bevor Erlöse fließen. Dieser enorme Kapitalbedarf schreckt viele potenzielle neue Anbieter ab oder begrenzt sie darauf, nur in sehr kleinem Umfang tätig zu werden (z.B. ein Architekturbüro, das gelegentlich ein eigenes kleines Projekt entwickelt). Entsprechend ist die Bedrohung durch neue Wettbewerber in der Immobilienentwicklung deutlich gebremst.
Neben Kapital sind auch Know-how und Netzwerke entscheidend. Die Immobilienwirtschaft ist in hohem Maße ein Netzwerkgeschäft: Zugang zu attraktiven Grundstücken, gute Beziehungen zu Banken und Investoren, Kenntnisse der komplexen rechtlichen Rahmenbedingungen (Baurecht, Genehmigungsverfahren, Steuern) und ein Verständnis der Marktzyklen sind unverzichtbar. Neueinsteiger ohne Branchenkenntnis und -kontakte stehen vor steilen Lernkurven. Oft beobachten Brancheninsider, dass erfolgreiche neue Projektentwickler von Personen gegründet werden, die zuvor lange für etablierte Unternehmen gearbeitet haben – sie bringen also implizites Wissen und Kontakte mit. Diese Faktoren bilden eine immaterielle Markteintrittsbarriere: Ein Außenstehender ohne Erfahrung wird es schwer haben, sich gegen erfahrene Wettbewerber durchzusetzen, selbst wenn Kapital vorhanden ist.
Ein zentraler Punkt ist auch der Zugang zu attraktiven Projekten. Viele lukrative Immobilienprojekte (etwa die Bebauung großer Grundstücke in Städten) werden nicht offen am Markt vergeben, sondern über exklusive Bieterverfahren oder persönliche Kontakte abgewickelt. Eine Schweizer Branchenanalyse formulierte, dass im Immobilienmarkt drei zentrale Eintrittsbarrieren existieren: hoher Kapitalbedarf, exklusive Bieterverfahren und beschränkter Zugang zu attraktiven Objekten. Diese Hürden machen es schwierig, als neuer Wettbewerber an die „guten“ Deals zu kommen. Etablierte Unternehmen haben häufig einen Informationsvorsprung – sie erfahren früher von verfügbaren Grundstücken oder bekommen von Kommunen und Grundstückseigentümern direkt Angebote, während ein Neuer erst mühsam Marktinformationen sammeln muss. In Deutschland sind z.B. viele Baugrundstücke in städtischer Hand oder gehören institutionellen Eigentümern; ein neuer Entwickler muss hier erst in die Kreise vordringen, in denen solche Liegenschaften vergeben oder ausgeschrieben werden.
Staatliche Regulierung spielt ebenfalls eine Rolle. Zwar gibt es für Immobilienentwickler keine formale Zulassungspflicht (anders als z.B. für Handwerker), doch das Bauplanungs- und -genehmigungsrecht stellt eine Hürde dar, die Erfahrung erfordert. Jede Projektentwicklung muss die Hürden des oft langwierigen Genehmigungsprozesses überwinden. Erfahrene Unternehmen wissen, wie mit Behörden und Auflagen umzugehen ist, während Neulinge hier Lehrgeld zahlen könnten. Zudem gibt es regulatorische Anforderungen wie die Verpflichtung, Eigenkapital und Sicherheiten nachzuweisen (beispielsweise müssen Bauträger nach MaBV – Makler- und Bauträgerverordnung – gewisse finanzielle Sicherheiten stellen, bevor sie Zahlungen von Käufern entgegennehmen dürfen). Diese Pflichten schützen zwar die Kunden, erhöhen aber den Aufwand für einen Neueinsteiger.
Auch Marktstruktur und Konzentration beeinflussen die Markteintrittsgefahr. In der deutschen Immobilienwirtschaft existieren einige sehr große Akteure, insbesondere im Wohnimmobilienbereich. Beispielhaft sei Vonovia SE erwähnt, Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen, das über 500.000 Wohnungen besitzt. Daneben gibt es weitere Großunternehmen (LEG Immobilien, Deutsche Wohnen – mittlerweile von Vonovia übernommen –, TAG Immobilien u.a.), die jeweils zehntausende Wohnungen halten. Trotz dieser großen Player ist der Markt aber insgesamt fragmentiert, vor allem im Eigentum von Wohnimmobilien: Schätzungen zufolge werden immer noch deutlich über die Hälfte der Mietwohnungen von Kleinvermietern (Privatpersonen oder sehr kleine Unternehmen) gehalten, während große Wohnungskonzerne einen zweistelligen Prozentanteil des Mietmarktes kontrollieren. Diese Fragmentierung bedeutet, dass es viele kleinere „Eintritts“-Akteure gibt (z.B. private Anleger, die eine oder wenige Immobilien kaufen und vermieten, fungieren quasi als Markteinsteiger im Kleinen). Allerdings treten diese Kleinanbieter nicht als ernsthafte Konkurrenten der großen Immobilienunternehmen auf, sondern agieren in ihrem begrenzten Segment.
Ein neues Immobilienunternehmen mittlerer oder größerer Größe in den Markt zu bringen, bleibt hingegen schwierig. Trotzdem gab es in Phasen des Immobilienbooms vermehrt Neugründungen und Markteintritte: Beispielsweise entstanden in den 2010er-Jahren zahlreiche Projektentwicklungsunternehmen, oft als Spin-offs erfahrener Manager, um vom stark wachsenden Immobilienmarkt (insbesondere im Wohnungsbau der Ballungszentren) zu profitieren. Die florierende Marktlage – leicht verfügbares Kapital durch niedrige Zinsen und hohe Immobilienpreise – senkte faktisch die Markteintrittsbarrieren etwas, da Finanzierung kein Engpass war und durch die Wertsteigerungen Projekte auch Neulingen Gewinne ermöglichten. Zudem zog der deutsche Immobilienmarkt internationales Kapital an, was „neue Wettbewerber“ in Form ausländischer Investoren und Fonds mit sich brachte, die aggressiv Objekte akquirierten. Diese Entwicklung zeigt, dass die Attraktivität des Marktes eine wichtige Rolle spielt: Je lukrativer ein Markt (z.B. steigende Immobilienpreise, hohe Renditen), desto mehr Aufwand nehmen potenzielle Wettbewerber auf sich, um einzutreten – selbst wenn Barrieren bestehen. In der jüngeren Vergangenheit haben z.B. institutionelle Investoren aus dem Ausland den Markteintritt in Deutschland gewagt, indem sie lokale Immobilienportfolios oder -firmen aufkauften.
Aktuell (Stand Mitte der 2020er-Jahre) hat sich die Marktsituation gedreht: Steigende Zinsen, hohe Baukosten und eine abkühlende Nachfrage führen dazu, dass weniger Neueintritte im Entwicklungssektor zu beobachten sind. Im Gegenteil, einige kleinere Projektentwickler kämpfen ums Überleben oder ziehen sich zurück, weil Projekte nicht mehr finanzierbar sind. Dies zeigt, dass Markteintrittsbarrieren keine festen Größen sind, sondern auch von äußeren Bedingungen abhängen: In einem schwierigen Finanzierungsumfeld steigen die Hürden für neue Wettbewerber weiter an, was die Bedrohung durch Neuanbieter reduziert.
Insgesamt ist die Bedrohung durch neue Wettbewerber im Immobiliensektor als relativ gering bis moderat einzustufen – deutlich geringer als im Baugewerbe. Die hohen Kapitalerfordernisse und die notwendigen Marktkenntnisse wirken wie ein Filter, der nur wenige neue Spieler durchlässt. Etablierte Immobilienunternehmen – insbesondere große Bestandshalter – genießen einen gewissen Schutz durch diese Eintrittsbarrieren. Trotzdem besteht ein gewisses latentes Bedrohungspotential, insbesondere wenn Marktphasen attraktiv sind: Dann können neue Entwickler, Investmentgesellschaften oder ausländische Kapitalgeber in den Markt drängen und den Wettbewerb erhöhen. Immobilienunternehmen müssen daher die Markteintritte zwar weniger fürchten als Bauunternehmen, sollten aber die Entwicklung der Eintrittsbarrieren und eventuelle neue Konkurrenten (z.B. neue Fonds, PropTech-Unternehmen mit innovativen Ansätzen wie Immobilien-Crowdinvesting) im Auge behalten.
Zwischenfazit: Die Analyse der ersten Wettbewerbskraft zeigt bereits deutliche Unterschiede zwischen Bau- und Immobiliensektor. Während Bauunternehmen – vor allem im KMU-Bereich – einem ständigen Einstrom neuer Wettbewerber ausgesetzt sind, was den Konkurrenzdruck hoch hält, ist die Landschaft der Immobilienunternehmen vergleichsweise stabiler und von weniger Newcomern geprägt. In den nächsten Kapiteln werden wir sehen, dass sich diese Unterschiede bei den übrigen vier Kräften teilweise fortsetzen, während es in anderen Aspekten auch Gemeinsamkeiten gibt.
Die Verhandlungsmacht der Lieferanten bezeichnet die Stärke derjenigen Unternehmen oder Personen, die Inputfaktoren für die Branche liefern, Preis und Konditionen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Hohe Lieferantenmacht kann dazu führen, dass die Branche höhere Kosten tragen oder Qualitätsabstriche hinnehmen muss, wodurch die Rentabilität der Abnehmer (hier: Bau- oder Immobilienfirmen) sinkt. Lieferanten sind je nach Branche verschieden, im verarbeitenden Gewerbe sind es Rohstoff- oder Komponentenlieferanten, in der Dienstleistung können es z.B. Personaldienstleister oder Softwareanbieter sein. In Bau- und Immobiliensektor stellt sich die Frage: Wer liefert die essentiellen Inputs, und wie groß ist deren Einfluss? Dieses Kapitel beleuchtet zunächst die Situation bei Bauunternehmen (die zahlreiche Vorleistungen beziehen) und anschließend die bei Immobilienunternehmen.
Bauunternehmen
Für Bauunternehmen sind Lieferanten vor allem die Anbieter von Baustoffen und Baumaterial, von Baumaschinen und Geräten (bzw. deren Vermieter) sowie – etwas Besonderes im Bau – Subunternehmer und Arbeitskräfte, die man ebenfalls als eine Art Lieferanten (von Arbeitsleistung) betrachten kann. Die Verhandlungsmacht dieser Gruppen hat erheblichen Einfluss auf die Kostenstruktur und Leistungsfähigkeit von Baufirmen. Empirische Untersuchungen charakterisieren die Bauindustrie sogar als “supplier dominated industry” – also eine Branche, in der die Zulieferer eine dominante Rolle spielen. In der Tat ist ein Bauunternehmen stark davon abhängig, dass es wichtige Materialien (Beton, Stahl, Ziegel, Holz, Installationen etc.) in ausreichender Menge, rechtzeitiger Verfügbarkeit und zu akzeptablen Preisen erhält. Ebenso entscheidend ist der Zugang zu qualifiziertem Personal bzw. Nachunternehmer-Leistungen. Wenn die Lieferanten in diesen Bereichen ihre Preise erhöhen oder knapp werden, hat das Bauunternehmen wenig Ausweichmöglichkeiten.
Die Baustofflieferanten haben in einigen Segmenten beträchtliche Marktmacht. Zwar gibt es für viele Standardmaterialien (z.B. Zement, Beton, Mauersteine) mehrere Anbieter, jedoch oft nur wenige große Hersteller. Beispielsweise wird der deutsche Zementmarkt von einer Handvoll Unternehmen dominiert (darunter HeidelbergCement, Schwenk, Holcim Deutschland etc.), was die Möglichkeit steigert, Preise durchzusetzen. Ähnlich oligopolistisch strukturiert sind andere Bereiche wie Stahlproduktion oder Dämmstoffe. Bauunternehmen stehen hier einer konsolidierteren Zuliefererseite gegenüber. Wenn der Lieferantenmarkt konzentrierter ist als der Abnehmermarkt (und das Baugewerbe ist sehr fragmentiert), tendiert die Macht zugunsten der Lieferanten. Zudem sind bestimmte Baustoffe wenig differenzierbar – Zement oder Bewehrungsstahl sind standardisierte Massenprodukte, aber wenn alle Lieferanten ihre Preise anheben (z.B. wegen gestiegener Energiepreise), hat das Bauunternehmen kaum Alternativen, da es die Materialien nun einmal benötigt. Die Bauunternehmen können ihre Lieferanten kaum durch Substitute ersetzen: Beton lässt sich in einem Hochbau nur begrenzt substituieren (alternativ etwa durch Holz, aber das ist oft nicht möglich oder erwünscht), Stahl in Stahlbetonbauten gar nicht. Damit ist die Austauschbarkeit der Inputs gering, was die Lieferantenmacht steigert.
In den letzten Jahren ist die Abhängigkeit der Bauunternehmen von mächtigen Lieferanten besonders deutlich geworden, als es zu starken Preissteigerungen bei Baumaterial kam. Ursachen waren unter anderem globale Knappheiten, Währungseffekte und gestiegene Energiekosten. In einigen Fällen intervenierte sogar die Politik, um die Auswirkungen zu mildern – so wurde in Sri Lanka bspw. der Zoll auf importierten Zement ausgesetzt, um den inländischen Zementpreis zu deckeln. In Deutschland sah man 2021/2022 Engpässe und Preissprünge bei Holz, Stahl und Dämmmaterial, die dazu führten, dass Bauprojekte erheblich teurer wurden oder verzögert werden mussten. Diese Entwicklungen zeugen von der Macht der Lieferantenseite: Wenn Material knapp ist oder nur teuer beschafft werden kann, müssen Bauunternehmen entweder die Mehrkosten tragen (was ihre Marge drückt) oder versuchen, die Kosten an die Kunden weiterzugeben – was jedoch oft vertraglich ausgeschlossen ist, insbesondere bei Festpreisverträgen. So oder so schmälern mächtige Lieferanten die Profitabilität der Branche.
Neben Material ist Bautechnik und Ausrüstung ein weiterer Bereich. Viele Bauunternehmen, insbesondere kleinere, mieten schwere Geräte wie Kräne, Bagger oder Schalungen von Spezialfirmen. Auch hier kann bei hoher Auslastung der Geräte die Mietpreise steigen. Allerdings ist dieser Markt in der Regel wettbewerbsintensiv (zahlreiche Verleiher), sodass die Lieferantenmacht moderat bleibt, außer in Nischen (etwa sehr spezielle Geräte, die nur wenige haben).
Von besonderer Bedeutung ist die Lieferantenmacht der Arbeitskräfte bzw. Nachunternehmer. In der Bauwirtschaft werden viele Leistungen an Subunternehmer vergeben (z.B. Gerüstbau, Haustechnik-Installationen, Malerarbeiten). Diese Nachunternehmer sind insofern Lieferanten von Leistungen. Wenn es einen Mangel an qualifizierten Subunternehmen oder Fachkräften gibt, drehen sich die Machtverhältnisse um: Dann müssen Generalunternehmer höhere Preise akzeptieren, um überhaupt genügend Kapazität zu bekommen. Genau das ist in den letzten Jahren verstärkt zu beobachten. Der allgegenwärtige Fachkräftemangel hat auch das Baugewerbe erfasst. Ende 2023 waren in Deutschland in Bauberufen rund 116.000 Stellen unbesetzt. Diese Knappheit führt dazu, dass gute Fachkräfte sehr gefragt sind; Baufirmen müssen mit höheren Löhnen und besseren Bedingungen locken, um Personal zu halten oder zu gewinnen. Lohnsteigerungen bedeuten höhere Kosten. In der Branche zählt qualifiziertes Personal somit quasi zu den „Lieferanten“, die ihre Bedingungen diktieren können – der klassische Fall, dass Arbeiter so begehrt sind, dass sie höhere Löhne fordern können, oder dass Subunternehmen ihre Angebote verteuern, weil sie wissen, dass Generalunternehmer mangels Alternativen darauf angewiesen sind. Besonders kritisch ist es, wenn es um sehr spezialisierte Gewerke geht: z.B. Tunnelvortriebsspezialisten oder Fassadenbauer mit speziellen Technologien – hier gibt es jeweils wenige Anbieter, die sehr hohe Preise erzielen können, weil die Nachfragerseite (Bauunternehmen) breiter aufgestellt ist und keine andere Wahl hat, als diese Spezialisten zu engagieren.
Ein weiterer Aspekt der Lieferantenmacht ist die Bedeutung der Zulieferteile für das Endprodukt. Porter argumentiert, dass Lieferanten umso mehr Macht haben, je wichtiger ihr Produkt für die Wertschöpfung des Abnehmers ist und je schwieriger es ist, darauf zu verzichten. Im Bau kann man sagen: Ohne Beton kein Rohbau, ohne Stahlträger keine Tragkonstruktion – d.h. die Lieferantenprodukte sind absolut wesentlich für das Endprodukt Gebäude. In einem Vorlesungsskriptum zum Bauwesen heißt es etwa: „Bedeutung des Lieferantenprodukts für die Qualität des Endprodukts (Hoch- & Tiefbau)“ als Kriterium – je größer die Bedeutung, desto eher diktieren Lieferanten die Regeln. Wenn z.B. ein bestimmter Baustoff maßgeblich die Qualität und Haltbarkeit eines Bauwerks bestimmt (etwa hochwertiger Stahlbeton für eine Brücke), werden Bauunternehmen diesen keinesfalls minderen Qualitätsgrades einkaufen wollen; der Lieferant hat also ein Stück weit die Macht, seinen Preis zu verlangen, da der Kunde (Bauunternehmen) nicht einfach auf eine schlechtere Alternative umschwenken kann ohne den Erfolg des Projekts zu gefährden.
Gibt es Möglichkeiten, die Lieferantenmacht zu beschränken? Bauunternehmen versuchen dies etwa durch Diversifizierung der Bezugsquellen – also mehrere Lieferanten pro Materialart, um nicht von einem abhängig zu sein. Außerdem können sie teils auf Substitute bei Materialien ausweichen, wo technisch möglich (z.B. alternative Baustoffe: Holz statt Beton bei bestimmten Gebäuden, Kunststoff- statt Kupferrohre etc.). Allerdings sind diese Substitutionsmöglichkeiten nur begrenzt (und substituieren ja oft nur einen Lieferanten durch einen anderen, nicht die Notwendigkeit des Zukaufs an sich). Große Baukonzerne gehen bisweilen dazu über, vertikal integriert zu agieren, um Lieferantenmacht zu reduzieren: Einige betreiben eigene Kiesgruben oder Asphaltmischanlagen, andere halten Beteiligungen an Betonwerken oder Stahlhändlern. Dieser Rückgriff auf Eigenproduktion (Rückwärtsintegration) ist jedoch meist nur für standardisierte Massenprodukte sinnvoll und auch nur großen Firmen vorbehalten.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Verhandlungsmacht der Lieferanten im Baugewerbe tendenziell hoch ist. Verschiedene Studien und Experteneinschätzungen bestätigen, dass Bauunternehmen oft in der schwächeren Position sind. Eine aktuelle Untersuchung der deutschen Bauwirtschaft ergab beispielsweise, dass die Verhandlungsmacht der Bauunternehmen in den Lieferbeziehungen tendenziell geringer ist als die ihrer Lieferanten. Diese Machtasymmetrie zeigt sich in Preissteigerungen bei Baustoffen, in dem Zwang, Lohnerhöhungen zu gewähren, und in der allgemein geringen Gewinnmarge der Bauunternehmen, die zum Teil auch daraus resultiert, dass ein erheblicher Anteil der Wertschöpfung an die Lieferantenkette (Materialproduzenten, Zwischenhändler, Nachunternehmer) abgeht. Bauunternehmen müssen folglich strategisch damit umgehen, zum Beispiel durch gute Lieferantenbeziehungen, Rahmenverträge, vorausschauende Lagerhaltung oder wie erwähnt gewisse vertikale Integration, um ihre Abhängigkeit zu verringern.
Immobilienunternehmen
Bei Immobilienunternehmen stellt sich die Betrachtung der Lieferantenmacht etwas anders dar, da diese Unternehmen – je nach Geschäftsmodell – nicht so viele physische Inputs benötigen wie Bauunternehmen. Ein Immobilienentwickler bezieht natürlich Bauleistungen vom Bauunternehmen (ist also dort Kunde), aber aus seiner Sicht sind die Lieferanten vor allem: Grundstückseigentümer, Bauunternehmen (als Auftragnehmer für Bauträger) und Kapitalgeber (Banken, Investoren). Auch sonstige Dienstleister (Architekten, Ingenieure, Makler) können als Lieferanten spezieller Vorleistungen gelten. Wir fokussieren hier auf die wichtigsten: Bauland und Bestandsimmobilien als „Rohstoff“ der Immobilienwirtschaft, sowie Bau- und Handwerksleistungen als wesentliche Zukäufe für Entwickler. Außerdem ist das Thema Finanzierung zu beleuchten, da in der Immobilienbranche Kapitalanbieter (z.B. Banken) eine starke Position einnehmen können.
Zunächst zum Bauland: Für Projektentwickler besteht der erste und zentrale Schritt eines Vorhabens darin, ein geeignetes Grundstück zu erwerben. Grundstückseigentümer – oft private Besitzer, Unternehmen oder Kommunen – können eine sehr starke Verhandlungsmacht haben, insbesondere wenn ihr Grundstück einzigartig oder knapp ist. In begehrten Innenstadtlagen z.B. gibt es nur begrenzte Flächen; ein Entwickler, der bauen will, ist auf wenige verfügbare Areale angewiesen. Attraktive Grundstücke sind ein knappes Gut, was Eigentümern erlaubt, hohe Preise zu verlangen. In Boomzeiten haben wir gesehen, dass Grundstückspreise enorm gestiegen sind, weil Entwickler in Konkurrenz zueinander Land aufkaufen wollten. Die Anbieter der Grundstücke konnten dies nutzen. Hinzu kommt, dass die meisten Städte und Gemeinden ihre Bodenpolitik steuern – manchmal werden Grundstücke gar nicht an den Meistbietenden verkauft, sondern nach Konzept oder gar nicht veräußert. Aus Sicht eines Immobilienentwicklers kann man sagen: Wer Land besitzt, hat in gewisser Weise die “Trümpfe” in der Hand. Die Verhandlungsmacht der Grundstückslieferanten ist also hoch, wenn es keine vergleichbaren Alternativen gibt. Ein Beispiel: In einer Innenstadt ist ein altes Fabrikgelände von 2 ha das letzte verfügbare größere Entwicklungsgrundstück. Mehrere Entwickler sind interessiert. Der Eigentümer (etwa die Fabrikfirma) kann den Preis hochtreiben oder Bedingungen diktieren (z.B. den Käufer zur Übernahme von Altlastensanierung verpflichten) – er sitzt am längeren Hebel, solange die Nachfrage hoch ist. Umgekehrt, wenn ein Grundstück wenig begehrt ist (etwa in strukturschwachen Gegenden mit viel Leerstand), dreht sich das Verhältnis, aber in den prosperierenden Regionen der letzten Jahre war eher ersteres der Fall.
Eine verwandte Perspektive sind Bestandsimmobilien als „Input“ für Investoren. Wer als Immobilien-AG sein Portfolio erweitern will, muss Objekte kaufen – die Verkäufer dieser Objekte können bei großer Nachfrage ebenfalls hohe Preise erzielen. Die 2010er-Jahre waren geprägt von regelrechten Bietergefechten um Immobilienpakete; z.B. beim Verkauf großer Wohnungsbestände (wie die Übernahme der Deutsche Wohnen durch Vonovia) floss in kurzer Zeit sehr viel Kapital, und Verkäufer erzielten Höchstpreise. Hier zeigt sich Lieferantenmacht insofern, als die Verkäuferseite (Lieferant der Immobilie) aus mehreren Interessenten auswählen konnte und somit preisbestimmend war.
Als nächstes die Bauleistungen: Ein Immobilienunternehmen, das ein Projekt entwickelt (z.B. Wohnanlage), beauftragt dafür in der Regel ein oder mehrere Bauunternehmen. Hier wird das Immobilienunternehmen zum Kunden der Bauindustrie – das Kräfteverhältnis zwischen Bauträger und Bauunternehmen hängt von der Marktlage in der Bauwirtschaft ab. In Zeiten, in denen Bauunternehmen ausgelastet sind und Fachkräftemangel herrscht (wie in den späten 2010er-Jahren), müssen Bauträger oft hohe Baupreise akzeptieren und haben Schwierigkeiten, zuverlässige Baufirmen zu finden. Die Bauunternehmen können sich ihre Auftraggeber aussuchen, was ihre Verhandlungsposition stärkt. Entwickler berichteten in den Boomjahren, dass Bauunternehmen teilweise nur noch mit Aufschlägen oder langen Vorlaufzeiten verfügbar waren. Hier war also die Lieferantenmacht der Bauunternehmen (als Lieferant der Bauleistung für den Immobilienentwickler) spürbar. Allerdings kehrt sich das in schlechten Baukonjunkturzeiten um: Wenn die Bauwirtschaft schwächelt und Aufträge rar sind, haben Bauträger die Wahl zwischen vielen anfragenden Bauunternehmen und können günstigere Preise aushandeln. Ein Beispiel: 2020/21 klagten Bauträger über steigende Baukosten infolge voller Auftragsbücher der Bauunternehmen – Immobilienfirmen konnten diese Kosten nur begrenzt an die Endkunden weitergeben, was ihre Marge schmälerte. 2023 hingegen, als der Neubau aufgrund der Zinswende einbrach, sank die Auslastung vieler Baufirmen, und erste Preisentspannungen oder Nachlassbereitschaft waren zu beobachten, was die Position der Auftraggeber wieder etwas stärkte. Generell gilt aber: Je spezialisierter die Bauleistung und je weniger Alternativen an Baufirmen existieren, desto eher hat der Lieferant (Bauunternehmen) die Macht. Große Immobilienunternehmen versuchen daher auch, Lieferantenbeziehungen aufzubauen – z.B. partnerschaftliche Rahmenverträge mit Bauunternehmen, um sich Kapazitäten zu sichern und planbare Preise zu bekommen. Dies ist eine Strategie, um der Lieferantenmacht zu begegnen.
Ein oft übersehener, aber wichtiger „Lieferant“ in der Immobilienbranche ist das Kapital. Immobiliengeschäfte werden typischerweise mit hohem Fremdkapitaleinsatz getätigt (Leveraging). Banken und andere Kreditgeber liefern also das Geld, das nötig ist, um Grundstücke zu kaufen oder Gebäude zu errichten. Ihre Verhandlungsmacht zeigt sich in den Konditionen für Kredite: Zinssätze, Beleihungsausläufe, Covenants etc. In Niedrigzinsphasen war Kapital reichlich vorhanden und günstig – man könnte sagen, die Kapitalgeber hatten wenig Macht, da die Immobilienunternehmen leicht Finanzierungen bekamen (zahlreiche Banken konkurrierten um das Geschäft). Mit dem Zinsanstieg ab 2022 hat sich das geändert: Plötzlich sind Finanzierungen schwieriger und teurer zu bekommen, Banken selektiver. Dies wirkt wie eine stärkere Lieferantenmacht der Kapitalgeber – viele Projekte kommen nur noch zustande, wenn der Entwickler deutlich mehr Eigenkapital mitbringt oder höhere Zinsen akzeptiert. Banken können nun strengere Bedingungen stellen (z.B. mehr Vorverkäufe verlangen, bevor sie einen Kredit gewähren). Somit beeinflusst die Finanzierungslandschaft sehr stark, wie viel Verhandlungsmacht die Geldlieferanten haben. Da Kapital ein so essenzieller Input ist, haben Immobilienunternehmen in Phasen restriktiver Geldversorgung eine geschwächte Position. Allerdings ist dieser Aspekt etwas außerhalb des klassischen Porter-Rahmens, der primär Produktmärkte betrachtet – wir erwähnen ihn dennoch, da er für die Immobilienwirtschaft zentral ist.
Schließlich seien Dienstleister wie Architekten, Makler oder Facility-Manager kurz angerissen. Deren Markt ist meist fragmentiert (viele Anbieter), sodass ihre Verhandlungsmacht begrenzt bleibt. Zwar können renommierte Architekten höhere Honorare fordern, aber die HOAI (Honorarordnung für Architekten) setzt in Deutschland ohnehin einen Rahmen. Makler bekommen Provisionen, jedoch sind Immobilienfirmen als Großkunden oft in der Lage, günstigere Konditionen auszuhandeln oder sogar interne Vertriebsteams aufzubauen (dann entfällt der externe Makler als Lieferant). Insofern sind diese Lieferanten für Immobilienunternehmen eher austauschbar und nicht so mächtig.
Zusammenfassend ist die Lieferantenmacht im Immobiliensektor gemischt zu bewerten: Sehr hoch ist sie beim Faktor Grund und Boden – wer Land hat, hat Macht, insbesondere in gefragten Lagen. Eher hoch war/ist sie in Phasen hoher Bauauslastung bei den Bauunternehmen gegenüber den Entwicklern, was allerdings konjunkturabhängig ist. Moderat bis gering ist sie bei den meisten anderen Zulieferdiensten und Materialien, da dort Alternativen existieren und keine extreme Konzentration vorliegt (z.B. gibt es viele Anbieter von Hausverwaltung, Gutachter etc., sodass Immobilienfirmen auswählen können). Die Kapitalgeber als spezielle Lieferantenart können je nach Zinsumfeld sehr mächtig oder kaum spürbar sein. Insgesamt müssen Immobilienunternehmen sich bewusst sein, dass ihre Wertschöpfungskette an mehreren Stellen durch starke Partner beeinflusst wird: Hohe Grundstückskosten und hohe Baukosten können die Marge aufzehren, auch wenn Nachfrage und Verkaufspreise hoch sind. In dem Sinne teilen sich Immobilienentwickler die erwirtschaftete Wertsteigerung oft mit den Grundstücksverkäufern und Bauunternehmen. Während in Boomphasen diese Partner gut verdienen (und der Entwickler selbst oft auch noch, aber weniger relativ), in Schwächephasen kann es sein, dass diese Partner nicht mehr so stark profitieren – jedoch dann oft Projekte gar nicht realisiert werden.
Die Verhandlungsmacht der Lieferanten erweist sich damit als relevante Kraft, besonders im Zusammenspiel Bau- und Immobiliensektor: Ein erheblicher Teil der Einnahmen eines Immobilienprojekts fließt an Lieferanten ab (Grundstückseigner, Baufirma, etc.). Strategisch kluge Immobilienunternehmen versuchen, dem zu begegnen, z.B. durch Aufbau von eigenem Baumanagement (einige große Wohnungsunternehmen haben eigene Bau-Tochterfirmen gegründet, um Kosten zu senken) oder durch Kooperationen mit Städten (um günstiger an Grundstücke zu kommen, etwa im Tausch für Bau von Sozialwohnungen). Für Bauunternehmen wiederum bleibt die Herausforderung, trotz oftmals starker Lieferantenmacht profitabel zu wirtschaften – was in Kapitel 6, Rivalität, weiter diskutiert wird.
Die Verhandlungsmacht der Kunden ist das Gegenstück zur Lieferantenmacht: Sie beschreibt, wie stark die Abnehmer einer Branche Preise herunterhandeln oder Konditionen diktieren können. Kunden (oder Käufer) haben dann hohe Macht, wenn sie z.B. in geringer Zahl, dafür aber großer Größe auftreten, wenn Produkte standardisiert sind (und sie leicht den Anbieter wechseln können), oder wenn sie über sehr gute Marktinformation verfügen und notfalls selbst rückwärts integrieren könnten. Im Baugewerbe sind die Kunden typischerweise Bauherren bzw. Auftraggeber von Bauleistungen – das können private Immobilienentwickler, die öffentliche Hand oder auch einzelne Häuslebauer sein. In der Immobilienwirtschaft sind die Kunden je nach Geschäftsmodell die Käufer von Immobilien (z.B. Wohnungskäufer beim Bauträger) oder Mieter bzw. Nutzungsinteressenten der Immobilien. In diesem Kapitel betrachten wir zunächst die Abnehmermacht gegenüber Bauunternehmen und anschließend die der Kunden von Immobilienunternehmen.
Bauunternehmen
Die Kunden von Bauunternehmen – häufig auch als Bauherren oder Auftraggeber bezeichnet – haben in vielen Fällen eine sehr starke Position. Die Bauwirtschaft in Deutschland ist, wie beschrieben, äußerst fragmentiert mit zahlreichen anbietenden Firmen, während die Nachfrageseite in Teilsegmenten relativ konzentriert oder strukturell mächtig ist (insbesondere Staat und größere Investoren). Diese Konstellation führt klassischerweise zu hoher Kundenmacht: Viele Anbieter konkurrieren um die Aufträge einiger großer oder gut informierter Kunden.
Ein herausragendes Beispiel für die starke Kundenposition ist der öffentliche Sektor. Bund, Länder und Gemeinden sowie staatliche Einrichtungen (z.B. Autobahn GmbH, kommunale Wohnungsbaugesellschaften) vergeben einen erheblichen Teil der Bauvolumina. Öffentliche Auftraggeber handeln meist nach dem Vergaberecht, welches transparenten Wettbewerb vorsieht – i.d.R. werden Bauleistungen ausgeschrieben, und das wirtschaftlichste (oft billigste) Angebot erhält den Zuschlag. Dieses System führt zu einem ausgeprägten Preiswettbewerb: Bauunternehmen unterbieten sich gegenseitig, um den Auftrag zu bekommen. Die öffentliche Hand kann als Kunde also allein durch das Instrument der Ausschreibung die Baupreise drücken. Man spricht in dem Zusammenhang auch von “Preisdruck durch Käufermacht” – je mehr ein Kunde die Anbieter gegeneinander ausspielen kann, desto eher bekommt er einen günstigeren Preis. In einem Zitat heißt es sinngemäß: “Construction contracting has become more competitive due to tender procedures – the tender price must include a low profit margin to win the project”. Das spiegelt genau wider, dass in typischen Ausschreibungen der Kunde (hier der Bauherr) in einer Machtposition ist, bei der die Anbieter ihre Gewinne minimieren müssen, um überhaupt zum Zug zu kommen. Gerade Standardbauleistungen werden so zu Käufermärkten.
Neben der Preisfrage diktieren große Auftraggeber oft auch Vertragsbedingungen (z.B. strenge Vertragsstrafen bei Verzögerung, einseitige Änderungsrechte, lange Zahlungsziele). Öffentliche Kunden können viele dieser Bedingungen vorgeben und die Baufirmen müssen sie akzeptieren, wollen sie den Zuschlag nicht riskieren – ein Indiz hoher Verhandlungsmacht der Kundenseite. Die staatlichen Bauherren beeinflussen sogar die Nachfrage an sich, indem sie über Investitionsprogramme entscheiden. In rezessiven Phasen kann der Staat Projekte verschieben, was die Baufirmen mangels Alternativen noch abhängiger macht von den wenigen verbleibenden Aufträgen – was wiederum die Bereitschaft erhöht, zu niedrigen Preisen zu bauen.
Auch private Großkunden verfügen über erhebliche Macht. Beispielsweise große Immobilienentwickler oder Generalunternehmer, die regelmäßig Bauleistungen vergeben, kennen den Markt gut und nutzen diese Kenntnisse. Sie fordern von Bauunternehmen Rabatte für Großaufträge oder etablieren Rahmenverträge, die volumenbedingte Preisnachlässe beinhalten. Ein Konzern, der etwa jährlich mehrere hundert Millionen Euro Bauvolumen vergibt (z.B. ein großer Einzelhändler, der Filialen baut), kann Baufirmen in Preisverhandlungen zwingen, weil diese sich die kontinuierlichen Aufträge sichern wollen. Zudem können Großkunden drohen, Leistungen intern zu vergeben (Eigenbau) – einige Unternehmen haben eigene Bauabteilungen; diese Rückwärtsintegration in Richtung Bauleistung bleibt zwar die Ausnahme, doch allein die Möglichkeit (oder Drohung) kann die Lieferanten gefügiger machen. Ein Beispiel ist die Deutsche Bahn: Sie vergibt viele Aufträge an Baufirmen, hat aber auch eigene Kapazitäten im Ingenieurbau/Schienenbau. Die Bahn kann entscheiden, manches selbst zu erledigen, wenn Angebote externer Firmen zu teuer erscheinen, wodurch sie Druck auf die Preise ausübt.
Ein weiterer Faktor: Konzentration und Anzahl der Kunden. In manchen Bausegmenten gibt es nur wenige potenzielle Auftraggeber. Beispielsweise im Großanlagenbau oder Infrastruktur: Es gibt nur eine Handvoll Kunden (Staat, Bahn, Energieversorger), die riesige Projekte vergeben. Diese wenigen Kunden stehen vielen ausführungsfähigen Bauunternehmen gegenüber, was das Machtgefälle eindeutig zugunsten der Kunden verschiebt. Selbst im Wohnungsbau konzentriert sich die Nachfrage teilweise: Professionelle Bauträger und Wohnungsunternehmen bauen einen erheblichen Teil der Wohnungen – als Nachfrager für Bauleistungen haben sie dadurch Gewicht.
Demgegenüber sind private Kleinkunden (z.B. ein Ehepaar, das ein Einfamilienhaus von einer Baufirma erstellen lässt) eher atomisiert und weniger professionell. Man könnte annehmen, hier hätten die Bauunternehmen mehr Spielraum. Doch auch diese Kunden weisen einige Merkmale auf, die ihnen gewisse Macht verleihen: Sie sind preissensitiv und können zwischen vielen örtlichen Bauanbietern auswählen (was den Wettbewerb unter den Baufirmen anheizt). Zudem sind Einfamilienhäuser oft relativ standardisiert (viele Firmen bieten ähnliche Hausmodelle an), sodass der Kunde leicht vergleichen kann – Standardisierung erhöht die Käufermacht. Allerdings haben Privatpersonen weniger Marktmacht als institutionelle Kunden, weil ihnen das Volumen und oft die Marktübersicht fehlt. Sie können nicht unbedingt drohen, selbst zu bauen, und sind oft auf lokale Anbieter begrenzt. Hier kommt es eher darauf an, wie wichtig der Auftrag für das Bauunternehmen ist: In Zeiten voller Auftragsbücher haben Bauunternehmen bei kleinen Privataufträgen manchmal die Oberhand (sie können ablehnen oder höhere Preise ansetzen, da genügend andere Projekte vorhanden sind). In Zeiten schwacher Nachfrage hingegen buhlen auch mittelständische Bauunternehmen intensiver um private Kunden, wodurch die Macht zugunsten der Käufer kippt.
Eine Besonderheit in Deutschland ist die Trennung zwischen ausführenden Bauunternehmen und Generalunternehmen/Bauträgern. Oftmals tritt ein Bauunternehmen gar nicht direkt gegenüber dem Endkunden (z.B. dem Wohnungsnutzer) auf, sondern ist Subunternehmer eines Generalübernehmers oder Bauträgers, der das Projekt entwickelt und verkauft. In solchen Fällen ist der Kunde des Bauunternehmens genau genommen der Bauträger. Diese Bauträgerfirmen sind professionelle, kaufmännisch getriebene Akteure, die mehrere Bauunternehmen vergleichen und auswählen. Dadurch sind sie als Kunden sehr anspruchsvoll und kostenorientiert, was den Bauausführern wenig Verhandlungsspielraum lässt. Ein mittelständischer Rohbauunternehmer etwa, der für große Bauträger in einer Stadt arbeitet, weiß, dass diese seine Preise genau prüfen und ihn jederzeit ersetzen können, sofern Alternativen am Markt sind. Das dämpft die Möglichkeit, höhere Margen durchzusetzen.
Wechselkosten der Kunden sind im Bau oft gering: Ein Auftraggeber kann theoretisch für jedes neue Projekt einen anderen Anbieter wählen, es gibt selten langfristige Bindungen. Die Projekte sind Unikate – hat ein Bauunternehmen ein Projekt gebaut, gibt es danach keine Notwendigkeit, dass der Bauherr es noch einmal beauftragt (außer es hat überzeugt und der Kunde will freiwillig wieder zusammenarbeiten, aber das ist keine strukturelle Bindung, sondern Goodwill). Somit können Kunden projektweise entscheiden und die Anbieter untereinander ausspielen. Die Ausnahme sind längerfristige Rahmenverträge, doch diese kommen meist auf Initiative der Kunden zustande, welche sich dadurch stabile (und oft günstigere) Konditionen sichern wollen.
Allerdings existieren Situationen, in denen die Kundenmacht begrenzt ist. Wenn ein Bauvorhaben sehr komplex oder speziell ist, gibt es eventuell nur wenige Bauunternehmen, die es technisch und kapazitativ stemmen können. In solchen Fällen – etwa ein Tunnelbau, eine Hochbrücke oder ein anspruchsvolles Architekturprojekt – kehrt sich das Verhältnis teilweise um: Der Auftraggeber kann froh sein, überhaupt einen kompetenten Anbieter zu finden, und hat weniger Spielraum, am Preis zu drehen. Wie eine Studie aus Sri Lanka feststellte: “Komplexe und spezielle Projekte erfordern besonders fähige Auftragnehmer, die in der Industrie limitiert sind. In solchen Situationen wird die Verhandlungsmacht der Kunden vernachlässigbar.. Mit anderen Worten: Bei hochspezialisierten Bauleistungen haben die wenigen Anbieter die Oberhand, und der Kunde (selbst ein staatlicher) muss nehmen, was er bekommt. Ein Beispiel aus Deutschland: Beim Bau von Kernkraftwerken oder großen Industrieanlagen gab es stets nur wenige Baukonzerne (z.B. Kraftwerksbau, Chemieanlagenbau), hier hatten die Auftraggeber weniger Alternativen und mussten oft auf teure Konsortien zurückgreifen.
Auch kurzfristige Konjunkturwechsel können die Kundenmacht schmälern: Wenn die Bauwirtschaft boomt und alle Firmen ausgelastet sind, haben Auftraggeber mit geringer Marktmacht (z.B. ein kommunaler Bauherr mit knappem Budget oder ein privater Häuslebauer) das Nachsehen – entweder findet sich kein Anbieter, oder nur zu hohen Preisen. In diesen Phasen erleben Kunden, dass nicht sie auswählen, sondern die Bauunternehmen sich ihre Kunden aussuchen. Dieses Phänomen trat etwa 2021/22 in einigen Regionen auf, wo Handwerker Mangelware waren und Kunden monatelang keine Angebote erhielten. Das ist jedoch eher ein temporäres Ungleichgewicht; strukturell bleibt die Nachfragemacht im Baugewerbe hoch, da es langfristig mehr Anbieter als Aufträge gibt (Überkapazitäten in Abschwungphasen sind typisch).
In der Gesamtbetrachtung ist die Verhandlungsmacht der Kunden im Baugewerbe hoch einzuschätzen. Bauunternehmen sehen sich oft einem Käufermarkt gegenüber: Die Auftraggeber haben dank Ausschreibungen, Konkurrenz der Bauunternehmen untereinander und oft größerer Marktmacht (Staat, Konzerne) die Möglichkeit, Preise und Vertragsbedingungen zu drücken. Die traditionell niedrigen Gewinnmargen in der Branche – oftmals nur 1–4 % Nettorendite bei Bauprojekten – deuten ebenfalls darauf hin, dass viel vom Mehrwert an die Kunden (bzw. durch deren Druck in Form niedriger Preise) weitergereicht wird. Das Motto „Je höher die Käufermacht, desto unattraktiver der Markt“ bewahrheitet sich im Bau: Die starke Stellung großer Auftraggeber und intensiver Preiswettbewerb tragen dazu bei, dass die Bauindustrie für die Anbieterseite weniger profitabel ist. Unternehmen versuchen, dem durch Spezialisierung (Nischen suchen, um aus dem austauschbaren Wettbewerb herauszukommen) oder Internationalisierung (neue Märkte mit ggf. besserer Auftragslage) entgegenzuwirken. Doch gerade mittelständische Bauunternehmen, die lokal tätig sind, sind häufig Price-Takers – sie müssen den vom Markt diktierten Preis nehmen – was ein klares Zeichen der dominanten Käufermacht ist.
Immobilienunternehmen
Für Immobilienunternehmen hängt die Analyse der Kundenmacht davon ab, welches Geschäftsmodell betrachtet wird: Bauträger/Projektentwickler haben als Kunden die Käufer von Immobilien (z.B. private Wohnungskäufer, institutionelle Investoren beim Verkauf eines Bürogebäudes), während Bestandshalter/Vermieter als Kunden die Mieter oder Nutzer ihrer Immobilien haben. Beide Fälle unterscheiden sich in der Natur der Transaktion – Kauf vs. Miete – teilen aber die Frage, wie sehr die jeweiligen Kunden die Preise und Konditionen bestimmen können.
Bauträger und Projektentwickler: Diese erstellen Immobilien (Wohnungen, Häuser, Gewerbeobjekte) und verkaufen sie an Endnutzer oder Investoren. Ihre Kundenmachtanalyse ähnelt prinzipiell der eines Industriebetriebs, der sein Produkt an Verbraucher verkauft. Wenn es viele alternative Angebote gibt und die Käufer gut informiert und preissensibel sind, steigt deren Macht, den Preis zu beeinflussen. Wenn das Angebot knapp und der Verkäufer ein begehrtes Objekt hat, liegt die Macht eher beim Anbieter. In der Immobilienpraxis ist beides möglich, je nach Marktphase und Segment.
In Zeiten hoher Nachfrage und knappem Angebot, wie sie in vielen deutschen Städten bis ca. 2021 vorherrschten (Wohnungsmarkt mit Wohnraummangel, niedrige Zinsen befeuern Kaufnachfrage), waren die Käufer in einer relativ schwachen Verhandlungsposition. Wohnungen gingen oft über dem aufgerufenen Preis weg, Käufer mussten sich teils auf Bieterverfahren einlassen oder lange Wartelisten in Kauf nehmen. Das spricht für geringe Kundenmacht – die Verkäufer (Immobilienunternehmen) konnten die Bedingungen diktieren. Insbesondere in Segmenten, wo das Produkt differenziert oder einzigartig ist, z.B. Luxuswohnungen in Top-Lage, haben Käufer kaum Macht, den Preis zu verhandeln: Wenn sie nicht kaufen, findet sich ein anderer, der bereit ist, den Preis zu zahlen. Das Beispiel aus New York City zeigt so eine Situation: Beim Bau und Verkauf von superluxuriösen Eigentumswohnungen in Manhattan ist die Anzahl solventer Käufer zwar begrenzt, aber die Lage und das Produkt sind so einzigartig, dass die Entwickler tendenziell die Oberhand haben. Dort wurde jedoch beobachtet, dass aktuell ein Überangebot an Luxuswohnungen vorliegt, was die Verhandlungsmacht der Käufer erhöht hat – es sind mehr Apartments verfügbar als Käufer, sodass Rabatte gewährt werden müssen. Das illustriert den wichtigen Punkt: Marktgleichgewicht. Wenn Angebot > Nachfrage, steigt die Käufermacht; wenn Nachfrage > Angebot, sinkt sie.
In der Breite des Marktes kann man festhalten: Die Kunden (Immobilienkäufer) sind meist fragmentiert (viele einzelne Haushalte oder Investoren) und treten nicht koordiniert auf. Jeder kauft für sich – es gibt keine kollektive Verhandlung der Käuferseite. Dies mindert eigentlich ihre Macht, denn ein Bauträger verkauft vielleicht 50 Wohnungen separat an 50 Käufer, nicht an einen einzigen Block. Die einzelnen Käufer haben keine große Verhandlungshebel – der Preis steht typischerweise fest. In Deutschland sind Rabatte beim Wohnungskauf unüblich, es sei denn, es gibt Druck (z.B. Restantenabverkauf). Viele Käufer sind sogar bereit, Aufpreise zu zahlen (Stichwort Bieterwettstreit bei begehrten Objekten). Das ist ein Hinweis auf niedrige Kundenmacht in einem Verkäufermarkt. Anders kann es bei Institutionellen Kunden sein: Wenn ein Projektentwickler ein ganzes Bürogebäude an einen Investor (z.B. Fonds) verkauft, dieser Investor ist oft professionell und kauft nur, wenn die Renditeerwartung passt. Hier findet eine harte Kalkulation statt und der Investor kann ein Gegenangebot machen oder das Objekt ablehnen – so hat er als großer Kunde (oft kauft so ein Investor viele Objekte im Jahr) durchaus Verhandlungsmacht. Entwickler müssen einen Preis finden, der den Investor überzeugt, sonst kommt kein Deal zustande. In diesem Fall steht ein Anbieter (der Entwickler) einem sehr finanzstarken Nachfrager gegenüber, der das Projekt notfalls auch woanders kaufen kann. Die Machtbalance ist dann eher ausgeglichen oder zugunsten des Investors. Allerdings gibt es in Boomphasen auch mehrere Investoren, die um gute Objekte konkurrieren – dann wiederum hat der Verkäufer die Wahl. So war es etwa bis 2019: Premium-Bürogebäude wurden von vielen Kapitalanlegern umworben, was die Preise trieb (Verkäufermacht). Jetzt, mit höherem Zins, sind Investoren zögerlich, was Entwicklern, die verkaufen wollen, Zugeständnisse abnötigt (Käufermacht steigt).
Wechselkosten sind für Immobilienkäufer vorhanden: Wer z.B. eine Eigentumswohnung kaufen will, kann stattdessen auch eine andere kaufen – aber nicht unbegrenzt, denn jede Wohnung ist anders (Lage!). Dennoch, gerade im Massenmarkt kann ein Kunde sich zwischen mehreren Neubauprojekten entscheiden. Wenn dem Bauträger bewusst ist, dass der Kunde auch einfach ein vergleichbares Objekt vom Wettbewerber nehmen könnte (hohe Substituierbarkeit aus Kundensicht), muss er preislich attraktiv sein – Kundenmacht steigt dadurch. Bei Unikaten hingegen (eine spezielle Villa an einem See) hat der Käufer wenig Alternativen und somit wenig Macht.
Ein spezieller Punkt ist, dass Wohnimmobilienkäufer in Deutschland oft privat und weniger preissensibel sind, solange die Finanzierung tragbar ist – viele zahlen eher den geforderten Preis als dass sie hart verhandeln. Das kulturelle Moment ist hier: Anders als etwa professionelle Einkäufer in der Industrie feilschen Privatkäufer einer Wohnung meist nicht um jeden Euro, sondern akzeptieren den Marktpreis, sofern er marktüblich erscheint. Das gibt Bauträgern natürlich eine angenehmere Ausgangslage.
In Summe liegt die Kundenmacht bei Immobilienkäufern zwischen gering und moderat, je nach Marktlage. In angespannten Märkten dominierte zuletzt der Verkäufer, in entspannten oder kippenden Märkten gewinnen Käufer an Hebel. Derzeit (2024/25) beispielsweise ist durch hohe Finanzierungskosten die Nachfrage gedämpft; viele Bauträger berichten, dass sie Kaufinteressenten mit Preisnachlässen oder zusätzlichen Leistungen (z.B. kostenlose Küche) locken müssen – ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Macht sich zugunsten der Käufer verschiebt, weil diese rar geworden sind.
Bestandshalter/Vermieter: Hier sind die Kunden die Mieter von Wohn- und Gewerbeflächen. Die Verhandlungsmacht von Mietern hängt stark vom Mietmarkt ab: In vielen deutschen Großstädten herrschte zuletzt Wohnungsknappheit, was Vermietern erlaubte, unter vielen Bewerbern auszuwählen und Mieten zu erhöhen. Ein Mieter alleine hat praktisch keine Verhandlungsmacht, wenn auf seine Wohnungssuche zehn andere Bewerber kommen. Die Machtverteilung war klar beim Vermieter (geringe Kundenmacht der Mieter). Allerdings gibt es regulatorische Eingriffe – Mietspiegel, Mietbremsen – die den Spielraum der Vermieter begrenzen. Auf freiem Markt jedoch, bei hohem Nachfrageüberhang, können Mieter kaum Preise drücken; sie konkurrieren untereinander vielmehr. In diesem Sinne ist in solchen Situationen die Kundenmacht (Mieterseite) sehr gering. Mieterschützer sprechen sogar davon, dass das Machtungleichgewicht auf dem Wohnungsmarkt stark zulasten der Nachfrager gehe – ein Beleg aus sozialpolitischer Sicht.
Im Büro- oder Einzelhandelsmarkt kann es anders aussehen: Wenn ein Überangebot an Büroflächen besteht (wie aktuell in manchen Städten durch Home-Office-Trend und viele Neubauten), dann haben Mieter (Unternehmen) plötzlich die Oberhand. Sie können zwischen mehreren Objekten wählen, Vermieter müssen Zugeständnisse wie mietfreie Zeiten, Ausbauzuschüsse etc. machen, um sie anzulocken. Das sieht man 2023/24 in einigen Büromärkten weltweit – Mieter haben an Macht gewonnen durch strukturelle Änderungen (z.B. weniger Flächenbedarf). Hier bestimmt der Mieter teils die Bedingungen, etwa kürzere Mietlaufzeiten oder Optionsrechte. Das ist ein Beispiel, wie Substitute (Home-Office als Substitute für Büroanmietung) indirekt die Kundenmacht erhöhen, indem sie Mietern eine Alternative geben (aber das wird in Kapitel 5 genauer betrachtet).
Bei Gewerbemietern gibt es den Fall großer Anker-Mieter (z.B. ein großer Retailer in einem Einkaufszentrum). So ein Mieter kann sehr wohl Konditionen verhandeln, weil sein Verbleib essenziell für den Vermieter ist (bringt Kundenfrequenz etc.). Es sind Fälle bekannt, wo große Handelsketten Mietreduzierungen forderten, indem sie damit drohten, Standorte sonst zu schließen. Solche Verhaltensweisen zeigen eine gewisse Verhandlungsmacht starker Mieterkunden. Generell gilt: Je wichtiger ein einzelner Kunde für das Immobilienunternehmen, desto höher seine relative Macht. Ein Wohnungsunternehmen mit 100.000 Wohnungen hat keinen einzelnen Mieter, der viel Macht hätte – jeder ist austauschbar. Ein Gewerbevermieter mit nur einem oder wenigen Mietern in einer Immobilie (z.B. ein Logistikzentrum mit einem Mieter) hat sehr wohl ein Gegenüber mit potenziell großem Einfluss, etwa bei Vertragsverlängerungen.
Die Informationslage beeinflusst auch die Kundenmacht. Dank Internet und Markttransparenz wissen Wohnungssuchende und Immobilienkäufer heute recht gut, was marktübliche Preise sind und wo Alternativen existieren. Informierte Kunden können besser verhandeln oder ungünstige Angebote meiden. Dennoch bleibt im Immobilienbereich oft eine gewisse Intransparenz (jedes Objekt ist anders, Mieten sind verhandelbar im Einzelnen etc.), was tendenziell dem Anbieter nützt, nicht dem Kunden.
Zusammengefasst ist die Verhandlungsmacht der Kunden in der Immobilienwirtschaft variabel: Im Wohnsegment hatten Kunden (Mieter/Käufer) in der Boomphase wenig Macht; es war ein Anbieter-/Vermietermarkt. Mit veränderter Lage (Zinsanstieg, mehr Angebot im Bau) erstarkt die Position der Nachfrager etwas, aber immer noch sind private Käufer/Mieter zumeist die schwächere Partei gegenüber professionellen Immobilienanbietern, sofern nicht ein Überangebot herrscht. In Gewerbesegmenten kann die Bandbreite von sehr schwach (Mieter in Top-Lagen vor 2020) bis sehr stark (Mieter in überversorgten Märkten aktuell) reichen.
Für Immobilienunternehmen bedeutet dies strategisch: In Zeiten schwacher Nachfragermacht können sie Preisprämien erzielen und die Konditionen diktieren, was die Margen hebt. In Zeiten starker Nachfragermacht müssen sie kundenorientierter agieren, gegebenenfalls Preise senken oder Zusatzleistungen bieten, um ihre Objekte abzusetzen bzw. zu vermieten. Da die Marktmacht der Kunden stark konjunktur- und segmentabhängig ist, sollten Immobilienfirmen diese Entwicklungen genau beobachten. Ein diversifiziertes Portfolio kann helfen: Hat man sowohl Objekte in Hochdruckmärkten (wo man als Anbieter stark ist) als auch in weichen Märkten (wo Kunden fordernder sind), kann sich das etwas ausgleichen. Außerdem kann Kundenmacht durch Differenzierung der eigenen Produkte abgeschwächt werden: Ein Bauträger, der eine einzigartige Architektur oder Ausstattung bietet, entzieht sich etwas dem Preisvergleich, weil Kunden dann nicht 1:1 Alternativen haben – so kann er ihnen weniger Verhandlungsspielraum lassen.
In Summe lässt sich zur Kundenmacht sagen: Bauunternehmen stehen einer insgesamt sehr mächtigen Kundenseite gegenüber (viele Anbieter – wenige große Nachfrager, Ausschreibungen, preissensitives Verhalten). Immobilienunternehmen hingegen stehen vielen kleinen Nachfragern gegenüber, sodass die Kundenmacht fragmentiert und oft gering ist – es sei denn, es bestehen Angebotsalternativen im Überfluss oder einzelne Großkunden, die die Bedingungen bestimmen können. Somit ist die Nachfragemacht im Immobiliensektor tendenziell niedriger als im Bausektor, wenngleich kurzfristige Marktgegebenheiten auch hier Phasen hoher Kundenmacht erzeugen können.
Die Bedrohung durch Substitute (Ersatzprodukte oder -dienstleistungen) meint die Konkurrenz durch alternative Lösungen, die das gleiche Kundenbedürfnis befriedigen, jedoch aus einer anderen Branche oder mittels anderer Technologien stammen. Substitute können den Preisdeckel für eine Branche bilden – wenn Kunden auf eine andere Lösung ausweichen können, wird die Zahlungsbereitschaft für das Branchenprodukt begrenzt. Im Bau- und Immobiliensektor ist diese Wettbewerbskraft auf den ersten Blick weniger anschaulich als etwa in der Konsumgüterindustrie (wo z.B. Glasflaschen vs. Dosen ein Substitute darstellen, oder E-Mail vs. Briefpost). Dennoch existieren auch hier substitutive Entwicklungen. Wir betrachten, welche Alternativen es zum Bauen bzw. zu Immobilienangeboten gibt, die die Branche beeinflussen.
Bauunternehmen
Für Bauunternehmen lautet die Kernfrage: Welche Alternativen gibt es zum klassischen Bauen durch ein Bauunternehmen? Wenn ein Kunde ein Bedürfnis nach einem Bauwerk hat – sei es ein Haus, eine Fabrikhalle oder eine Straße – gibt es prinzipiell nur die Möglichkeit, dieses Bauwerk zu errichten oder das Bedürfnis auf andere Weise zu erfüllen. Eine direkte Substitution des Produkts Bauleistung ist schwierig, da letztlich physische Bauwerke benötigt werden. Dennoch gibt es Ansätze von Substitution auf verschiedenen Ebenen:
(a) Ersatz durch alternative Erfüllung des Bedarfs: Ein Bauwerk wird errichtet, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen (Wohnen, Arbeiten, Mobilität etc.). Substitute könnten bedeuten, dass dieser Zweck anders erfüllt wird, ohne neues Bauwerk. Beispielsweise könnte das Bedürfnis nach mehr Wohnraum auch dadurch befriedigt werden, dass bestehende Gebäude umgenutzt oder ausgebaut werden (Dachausbau statt Neubau, Umbau von leerstehenden Bürogebäuden zu Wohnungen etc.). In dem Sinne ist Bestandssanierung oder -umnutzung ein Substitute für Neubau. Wenn etwa Wohnraummangel herrscht, könnte die Gesellschaft entweder neue Wohngebäude bauen (Auftrag für Bauunternehmen) oder leerstehende Gewerbeflächen in Wohnungen umwandeln (geringerer Bedarf an Neubau). Für Bauunternehmen fällt zwar auch bei Umbauten Arbeit an, aber oft sind andere Gewerke beteiligt oder der Umfang ist geringer. Insofern konkurriert der Sektor Neubau mit dem Sektor Bestandsbau. Dies ist relevant: In Ländern mit stagnierender Bevölkerung wird oft mehr in Bestand investiert als neu gebaut, was den Neubau-Baufirmen den Markt schmälert. Auch in Deutschland gab es Phasen, wo wegen Baukostenexplosion vermehrt Renovierung alten Bauens vor Neubau bevorzugt wurde – ein substituierender Effekt.
Ein weiteres Beispiel ist Infrastruktur: Wenn Mobilitätsbedürfnisse durch digitale Kommunikation substituiert werden (Telekonferenzen statt Reisen), könnte langfristig weniger Verkehrsinfrastrukturneu- oder ausbau nötig sein (theoretischer Natur bisher). Dennoch zeigt es das Prinzip: Substitute befriedigen das Grundbedürfnis anders. Für Bauunternehmen ist das insofern spürbar, als neue Trends wie z.B. Homeoffice möglicherweise den Bedarf an neuen Bürogebäuden reduzieren – was man als substitutives Phänomen sehen kann: Der „Arbeitsplatz“ wird ins Zuhause verlagert, dadurch sinkt die Nachfrage nach Gewerbebauleistung.
(b) Ersatz durch alternative Bauverfahren/-anbieter: Hierbei bleibt das Ziel ein Bauwerk, aber es wird anders hergestellt als durch das klassische Bauunternehmen vor Ort. Ein wichtiges Beispiel sind Fertighäuser bzw. modularer Vorfertigungsbau. Ein traditionelles Bauunternehmen mauert ein Haus Stein-auf-Stein auf der Baustelle. Ein Fertighausanbieter produziert Wände und Dächer in einer Fabrik und montiert das Haus in wenigen Tagen vor Ort. Aus Sicht eines Bauherren kann das Fertighaus ein Substitut zum Einschalten eines örtlichen Bauunternehmens sein. Und tatsächlich haben Fertighaushersteller eigene Vertriebswege – sie sind eher der Fertigbauindustrie zuzurechnen als dem klassischen Bauhandwerk. In Deutschland hat der Fertigbau im Ein- und Zweifamilienhausbereich einen erheblichen Marktanteil, Tendenz steigend: Im Jahr 2022 lag der Anteil der Fertighäuser an genehmigten Ein- und Zweifamilienhäusern bei etwa 23,5 %, destatis weist für fertiggestellte Häuser ~22,8 % aus). Das heißt, fast jedes vierte neue Einfamilienhaus wird nicht mehr „konventionell“ von einem Bauunternehmen vor Ort errichtet, sondern von der Fertigbauindustrie geliefert. Für die vor Ort tätigen Bauunternehmen sind Fertighäuser damit ein spürbares Substitut und entziehen ihnen Marktvolumen. Modulares Bauen hat nicht nur im Wohnungsbau Bedeutung; es wird auch bei Schulen, Bürogebäuden etc. vermehrt eingesetzt. Ganze Raummodule werden industriell vorgefertigt und dann zu Gebäuden zusammengesetzt, was die traditionelle Baustelle verkleinert. Aus Branchensicht verschwimmt hier die Grenze: Ein Teil der Wertschöpfung verlagert sich vom Bau- ins Industriesegment – was wie eine Substitution wirkt (Industriefirmen konkurrieren mit Bauunternehmen um das „Errichten“ von Gebäuden). Eine Publikation der Bauwirtschaft betont diesen Trend und sieht modularen Fertigbau als wichtigen Einfluss, der als Substitut zur klassischen Bauweise zu verstehen ist. Der Grund, warum Kunden darauf ausweichen: modularer Bau kann schneller, manchmal kostengünstiger und qualitativ konsistenter sein, was insbesondere bei Fachkräftemangel attraktiv wird. Für herkömmliche Bauunternehmen stellt dies eine erhebliche Herausforderung dar – sie verlieren Marktanteile an Substitute, wenn sie nicht selbst solche Methoden adaptieren.
Ähnliches gilt für Do-it-Yourself und Selbstbau als Substitut: Im kleinen Umfang mag ein privater Bauherr sich entscheiden, einiges in Eigenleistung zu erbringen (z.B. Innenausbau), statt eine Baufirma zu beauftragen. Das ist substitutiv für die Bauleistung. Im größeren Rahmen gibt es Bauherrengemeinschaften oder Generalübernehmermodelle, wo der Kunde die Koordination übernimmt und nur Einzelgewerke beauftragt statt einen Generalunternehmer – damit substituiert der Kunde teilweise die Rolle des Bauunternehmers (Selbstbau-Organisation). Diese Formen sind Nischen, aber existieren.
(c) Ersatzprodukte im Sinne Materialersatz: Streng genommen bezieht sich Porters Konzept der Substitute auf Produkte anderer Branchen. Im Baukontext könnte man Material- oder Techniksubstitute nennen – beispielsweise kann ein Stahlbetontragwerk substituiert werden durch eine Holzkonstruktion. Für einen Bauunternehmer, der z.B. auf Betonbau spezialisiert ist, wäre ein Trend zu Holzbauten ein Substitute (Holzbau wird oft von Zimmereibetrieben oder Spezialfirmen ausgeführt, also einem anderen Anbietersegment). Das ist aber eher eine Konkurrenz zwischen Bauweisen innerhalb der Branche. Ein konkreteres Beispiel: Im Tiefbau kann eine offene Baugrube (konventionell gebaut) substituiert werden durch eine Tunnelbohrmaschine (maschineller Tunnelvortrieb) – substituiert manuell-intensive Arbeit durch kapitalequipment-intensive Arbeit. Dies hat Auswirkungen auf welche Firmen zum Zug kommen (Spezialtiefbauer mit teurem Gerät vs. klassische Baufirmen). Solche Technologiewechsel könnte man bedingt als Substitute auffassen, allerdings bleiben es Bauleistungen.
(d) Digitalisierung als Substitute: Mit zunehmender Digitalisierung entstehen Ansätze, gewisse bauliche Lösungen ganz zu umgehen. Ein oft genanntes Beispiel: Telekommunikation vs. Reisen. Anstatt Konferenzzentren zu bauen, nutzen Unternehmen Videokonferenzen – substituiert die Notwendigkeit, an einem Ort physisch zusammenzukommen, was langfristig den Bedarf für entsprechende Bauten reduziert. Oder Online-Handel substituiert teilweise stationäre Läden, wodurch weniger Einkaufszentren neu gebaut werden müssen. Diese Effekte sind indirekt: Der Substitute trifft eigentlich die Immobiliennachfrage, aber damit auch die Bauunternehmen, die jene Immobilien sonst gebaut hätten. Der Bedrohung durch Substitute kann man in solchen Fällen auch formulieren als Bedrohung durch verändertes Kundenverhalten, das den Bedarf nach dem Produkt verringert. So gesehen konkurriert ein Bauunternehmen manchmal mit „Nicht-Bauen“. In Krisenzeiten ist „Nichts bauen, Geld sparen“ sogar der größte Substitute: Unternehmen und öffentliche Hand verschieben Bauvorhaben und nutzen Bestandsbauten länger – das substituiert temporär die Bauleistung.
Wie stark ist diese Wettbewerbskraft nun für Bauunternehmen? Traditionell galt: Relativ gering, denn "gebaut werden muss immer, Substitute sind begrenzt". Es gibt keine einfache Alternative dazu, ein physisches Bauwerk zu errichten, wenn ein neues benötigt wird – das unterscheidet die Bauindustrie von vielen anderen Branchen. Die Austauschbarkeit ist begrenzt. Allerdings sollten Bauunternehmen die aufkommenden Trends nicht unterschätzen: Fertigbau hat, wie genannt, signifikante Marktanteile erreicht; Digitalisierungsfolgen könnten in Zukunft den Bedarf an bestimmten Bautypen mindern (weniger Bürobau durch Homeoffice, weniger Parkhäuser durch autonomes Fahren und Carsharing etc.). Der Klimawandel und Nachhaltigkeit könnten ebenfalls substitutive Effekte haben: z.B. statt Neubau vermehrt Umbau (graue Energie sparen), oder alternative Materialien (Holz statt Beton zur CO₂-Einsparung). In dem Sinne steigt die Bedrohung durch Substitute langsam an.
Porter selbst merkte an, dass Substitute die Attraktivität einer Branche besonders dann bedrohen, wenn sie preislich oder leistungsbezogen vorteilhaft sind und Kunden geneigt sind, zu wechseln. Bei Fertighäusern bspw. kann der Vorteil Schnelligkeit und möglicherweise Kosten sein; wenn die Qualität gleichwertig ist, werden mehr Bauherren darauf umschwenken. Für herkömmliche Bauunternehmen bedeutet das Umsatzverlust – sofern sie nicht selbst in das Segment einsteigen.
Zusammenfassend ist die Bedrohung durch Substitute im klassischen Hoch- und Tiefbau bislang moderat. Es gibt substitutive Tendenzen (Fertigbau, Renovation statt Neubau, digitale Alternativen), aber das Kerngeschäft des Bauens hat nach wie vor eine gewisse Einzigartigkeit. Keine andere Branche kann vollständig die Erstellung neuer Gebäude ersetzen – irgendwer muss bauen. Die Frage ist nur, wer und wie: Wenn es die industrielle Fertigung macht statt die traditionelle Baukolonne, ist das in Porters Sinne ein Substitute (Branchenübergreifend: Industrie vs. Handwerk). Bauunternehmen müssen diese Entwicklungen beobachten und möglicherweise ihr Geschäftsmodell anpassen, um nicht von substitutiven Lösungen verdrängt zu werden. Einige große Baufirmen haben bereits Modulelement-Bau als Leistung integriert oder konzentrieren sich auf Sanierungsprojekte, um auch in dem Segment aktiv zu sein und dort entstehenden Umsatz mitzunehmen.
Immobilienunternehmen
Im Immobiliensektor stellt sich die Frage nach Substituten in etwas anderer Form: Wie können die Funktionen von Immobilien durch andere Mittel erfüllt werden? Immobilien (Gebäude, Räume) dienen zum Wohnen, Arbeiten, Lagern, Verkaufen usw. Substituten würden bedeuten, diese Funktionen ohne physische Immobilien bereitzustellen, oder mittels anderer Konzepte, sodass traditionelle Immobilienanbieter weniger gebraucht werden.
Ein deutliches substitutives Phänomen ist die Digitalisierung von Tätigkeiten, die früher ortsgebunden waren:
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Arbeit: Durch Homeoffice, Co-Working und digitale Kommunikation kann ein Teil der Bürotätigkeiten außerhalb klassischer Büros stattfinden. Dies substituiert nicht vollständig Büros, verringert aber den Bedarf. Unternehmen hinterfragen, ob sie noch große Zentralen brauchen oder ob flexible Arbeitsplatzmodelle ausreichen. Für Büroimmobilienunternehmen bedeutet dies langfristig potentielle geringere Nachfrage – sprich, die Dienste der Immobilien (Arbeitsplatz bereitstellen) werden substituiert durch das häusliche Arbeitszimmer oder virtuelle Zusammenarbeit.
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Handel: Der Aufstieg des E-Commerce substituiert teilweise die Notwendigkeit stationärer Ladengeschäfte. Kunden können online einkaufen, wodurch Einzelhändler weniger Filialfläche benötigen. In der Folge schrumpft die Nachfrage nach Ladenflächen, was Retail-Immobilienbetreiber vor Herausforderungen stellt. Die Corona-Pandemie hat diesen Trend beschleunigt: Onlinehandel boomte, viele Ladengeschäfte mussten schließen – in den Innenstädten werden Flächen frei. So wirkt der Substitute (Online-Shop statt Geschäft) direkt auf die Immobilienbranche.
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Unterhaltung: Streamingdienste substituieren Videotheken (die ohnehin verschwunden sind) und verringern evtl. auch Kinobesuche; Online-Gaming substituiert Spielhallen. Solche Effekte betreffen spezielle Immobilien (Freizeitanlagen).
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Logistik: Hier eher umgekehrt – E-Commerce erhöht Bedarf an Lagerhallen. Aber Autonomisierung (z.B. selbstfahrende Läger, Drohnenlieferung) sind interne Prozesse, kein Substitute.
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Hospitality: Geschäftsreisen können teils durch Videokonferenzen ersetzt werden, was die Hotelauslastung senkt – wiederum substitutiv: Man braucht für ein Meeting kein Hotel mehr, wenn es virtuell stattfindet.
All diese Beispiele zeigen, dass Immaterialisierung gewisse Immobiliennutzungen reduziert oder ersetzt. Das bedeutet für Immobilienunternehmen, speziell für Investoren, dass die "Bedrohung durch Substitute" in Form von Änderung der Endnutzungsgewohnheiten real ist. Diese Substitute sind zwar außerhalb der Immobilienbranche (Tech-Branche etc.), beeinflussen aber massiv die Attraktivität von Immobilieninvestments. So sprach 2020 mancher Analyst von "Büroimmobilien als gefährdet durch den Homeoffice-Boom" – eine klassische Substitutionswarnung.
Ein weiteres Substitute-Phänomen im Wohnbereich: Sharing-Modelle und demografische Trends. Beispielsweise könnte man argumentieren, dass gemeinschaftliches Wohnen oder das Bleiben im Elternhaus länger (bei jungen Leuten) substituiert die Nachfrage nach zusätzlichen Wohnungen. Oder dass Senioren länger zuhause bleiben (mit Pflegediensten) statt in betreute Einrichtungen zu ziehen, substituiert teils die Nachfrage nach Pflegeheimimmobilien. Das sind subtilere Effekte.
Zugespitzt könnte man fragen: Braucht man Wohnen überhaupt? – Natürlich, ein Dach über dem Kopf ist unersetzlich. Insofern gibt es kein Substitute für grundlegendes Wohnen außer Obdachlosigkeit, was kein gewolltes Substitute ist. Daher wird es immer Wohnimmobiliennachfrage geben. Aber wie und wo gewohnt wird, kann durch Substitute beeinflusst sein: z.B. das vermehrte Arbeiten von zuhause substituiert separate Büros, was die Wohnung gleich zu Homeoffice-Platz macht (steigende Anforderungen an Wohnfläche evtl., aber weniger Bürofläche – Balanced?). Oder urbane Lebensstile vs. ländliche (manch einer substituiert die teure Stadtwohnung durch eine Landwohnung plus Pendeln oder Remote Work).
Mobilität vs. Immobilien: Hier kann man substitutiv denken, dass Telearbeit substituiert die Notwendigkeit, in der teuren City zu wohnen (man kann ins Umland ziehen, was städtische Wohnungsnachfrage mindert – wiederum ein Substitute: ländliche Immobilie statt urbaner). Oder, in Infrastruktur: Hochgeschwindigkeitsinternet substituiert Teil des physischen Verkehrsbedarfs, könnte am Rand die Notwendigkeit mancher Verkehrsimmobilien (Parkhäuser, Bahnhöfe in bestimmtem Ausmaß) beeinflussen.
Ein konkretes Beispiel eines Substituts aus Investorensicht: Immobilienaktien oder REITs als Substitute für Direktinvestition in Immobilien. Für manche institutionelle Anleger stellt sich: Kaufe ich real Immobilien oder investiere ich in andere Anlageklassen (Aktien, Anleihen)? Wenn z.B. Infrastrukturprojekte oder erneuerbare Energien attraktivere Investments sind, fließt Kapital um – Immobilienunternehmen spüren dann weniger Nachfrage (in Form von Investment) nach ihren Objekten. Das ist mehr eine finanzielle Substitution. Aber Porter bezog Substitute eher auf Endkunden.
Was bedeutet das quantitativ? Schwer messbar, aber Indikatoren sind:
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Leerstandsquoten: Steigen in Büros oder Läden, weil Substitute (Homeoffice, E-Commerce) wirken, so ist das ein Alarmzeichen.
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Mieten/Preise stagnieren oder fallen trotz genug allgemeiner Nachfrage, dann evtl. wegen Substituten.
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Nutzungsänderungen: Conversion von Büros zu Wohnungen z.B. zeigt, dass Büro-Nachfrage substituiert wurde und man umwidmen muss.
In der Immobilienwirtschaft gilt jedoch, dass Substitution oft langsam wirkt wegen Trägheit. Gebäude stehen lange; man reagiert auf Substitute über Jahre (etwa viele Kaufhäuser und Bankfilialen schließen über ein Jahrzehnt durch Online-Banking etc.). Die Branche hat gewisse Anpassungsfähigkeit, aber die Bedrohung ist real: Digital Substitute haben einige Immobiliensektoren disrupted.
Ein prominentes Zitat bringt es auf den Punkt: “The most dangerous competitor for the shopping center is the internet” – was in Porters Sprache heißt: Substitute (Online-Shopping) bedrohen die Profitabilität der Retailimmobilien-Branche. Das hat sich in gesunkenen Bewertungen und einem Strukturwandel geäußert (z.B. 2020ff in den USA viele Malls insolvent etc.).
Für Wohnimmobilienunternehmen sind Substitute weniger drastisch – wie gesagt, Wohnen ist unersetzlich. Dennoch könnten alternative Wohnformen (Co-Living, temporäres Wohnen, mobile homes) minimal substituieren traditionelles Wohnen. Z.B. die Tiny House-Bewegung bietet substitutive Konzepte – statt klassische Wohnung ein mobiles Minihaus. Noch Nische, aber erwähnt sei es.
Zwischenfazit Substitute: Im Bau- und Immobilienbereich sind Substitute sicherlich nicht so offensichtlich wie in anderen Industrien, aber sie existieren und können Branchenrenditen beeinflussen. Die Bauindustrie erfährt Substitute hauptsächlich durch alternative Bauweisen (Fertigbau) und die Möglichkeit, auf Neubau zu verzichten (Renovation, Umnutzung). Die Immobilienbranche steht vor Substitution durch digitale Alternativen zur Nutzung von Räumen (virtuell statt physisch) und alternative Lebens- und Arbeitsmodelle. Bisher war die Bedrohung durch Substitute insgesamt relativ gering bis moderat, aber die Digitalisierung könnte diese Kraft verstärken. Branchenunternehmen tun gut daran, den Trends proaktiv zu begegnen: Bauunternehmen diversifizieren ins Fertigbau oder in Sanierung, Immobilieninvestoren entwickeln Konzepte für Mixed-Use, flexible Nutzungen oder investieren in Immobilien, die weniger substituierbar sind (z.B. Logistik – welche vom E-Commerce-Boom profitiert statt leidet, also Anti-Substitut-Effekt). Porter würde empfehlen, die Einzigartigkeit und Nicht-Austauschbarkeit des eigenen Angebots zu erhöhen, um vor Substitute gefeit zu sein. Für Bau und Immobilien heißt das: Orte und physische Qualität schaffen, die virtuell nicht reproduzierbar sind; Quartiere entwickeln, die Erlebnisse bieten, die Online nicht substituiert werden können – damit bleibt die Branche relevant.
Die fünfte Kraft, die Wettbewerbsintensität innerhalb der Branche, betrachtet das Ausmaß, in dem die bestehenden Unternehmen in der Branche miteinander konkurrieren. Sie manifestiert sich in Preiskämpfen, Werbeschlachten, Innovationsduellen oder anderen Maßnahmen, mit denen sich Wettbewerber Marktanteile streitig machen. Hohe Rivalität drückt die Profitabilität, weil Ressourcen für den Konkurrenzkampf aufgewendet werden und Margen sinken. Faktoren, die die Rivalität verschärfen, sind zum Beispiel eine große Anzahl von Wettbewerbern, langsames Marktwachstum, geringe Produktdifferenzierung, Überkapazitäten oder hohe Austrittsbarrieren aus dem Markt. In diesem Kapitel analysieren wir die Intensität des Wettbewerbs im Baugewerbe und in der Immobilienwirtschaft und die branchentypischen Merkmale in diesem Zusammenhang.
Bauunternehmen
Die Bauindustrie wird häufig als Paradebeispiel für einen sehr intensiven Wettbewerb genannt. Sie ist in der Tat durch mehrere der oben genannten Faktoren gekennzeichnet. Erstens gibt es viele Wettbewerber (wie in Kapitel 2 ausgeführt: allein im deutschen Bauhauptgewerbe ~83.000 Betriebe). Diese Vielzahl an Marktteilnehmern – vom Kleinstbetrieb bis zum Großkonzern – schafft eine Situation, in der in fast jedem Segment mehrere Anbieter um Aufträge wetteifern. Die Branche wird deshalb oft als „kräfteintensiv“ beschrieben, d.h. alle fünf Kräfte sind stark ausgeprägt, insbesondere aber die Rivalität unter den Unternehmen. Eine österreichische Branchenstudie formuliert es so: "Die Baubranche wird als sehr kräfteintensiv bezeichnet", was maßgeblich durch den starken internen Konkurrenzdruck bedingt ist.
Zweitens ist das Marktwachstum der Bauwirtschaft zyklisch und oft nur moderat. In Boomphasen kann die Nachfrage zwar kräftig steigen, aber in vielen Jahren wächst das Bauvolumen kaum oder schrumpft sogar real (inflationsbereinigt). Wenn jedoch viele Anbieter auf einem stagnierenden Markt agieren, steigt die Rivalität, da jeder versuchen muss, dem anderen Marktanteile abzunehmen, um zu wachsen. Der Kuchen ist nicht viel größer geworden, also kämpft man um die Stücke. Genau das sieht man im Bau: Etwa seit 2022 sinkt das Bauvolumen real – die Zahl der Firmen reduziert sich aber nicht im gleichen Maße sofort, was bedeutet: Überkapazitäten entstehen, und die Firmen konkurrieren härter um die wenigen Aufträge. Selbst in guten Zeiten war die Rivalität merklich: In den 2010er Boomjahren stieg zwar das Volumen (besonders im Wohnungsbau), aber auch die Zahl der Anbieter (30 % mehr Unternehmen zwischen 2008 und 2018), was die Konkurrenz aufrecht erhielt.
Drittens sind Bauleistungen oft relativ wenig differenziert – vor allem in niedrig- und mittelhoch angesiedelten Bereichen. Betonarbeiten, Mauerwerk, Putz, Straßenbelag: Diese Leistungen werden nach Normen und Qualitätsstandards ausgeführt, die viele beherrschen. Aus Kundensicht ist daher das Angebot verschiedener Firmen vergleichbar, austauschbar, was zu Wettbewerb primär über den Preis führt. Tatsächlich sind „Preisschlachten“ im Baugewerbe berüchtigt. Anbieter unterbieten sich manchmal bis an die Grenze (oder sogar unter die eigenen Kosten, in der Hoffnung auf Nachträge oder Folgeaufträge). Dieses aggressive Preiskämpfen drückt die Margen enorm. In einer Umfrage unter Bauunternehmern in Österreich gaben viele an, dass der starke Preiswettbewerb eine der größten Herausforderungen für die Wettbewerbsfähigkeit sei. Die Rivalität manifestiert sich also hauptsächlich in Preiswettbewerb, da andere Unterscheidungsmerkmale schwer zu erzielen sind – Werbung spielt im Bau eine geringere Rolle, Produktinnovationen sind begrenzt (Bau ist traditionell und reguliert, Neuartiges setzt sich langsam durch). Auch Service und Geschwindigkeit sind natürlich Themen, aber am Ende zählt oft der gebotene Preis, insbesondere im Geschäft mit professionellen Auftraggebern und öffentlichen Ausschreibungen.
Ein Indikator dieser Konkurrenzsituation sind die geringen Gewinnspannen der Branche. Viele kleine und mittlere Bauunternehmen arbeiten mit bescheidenen Eigenkapitalrenditen. Laut Branchenkennzahlen liegt die operative Marge bei den meisten Bauunternehmen nur im einstelligen Prozentbereich. Die Bauindustrie – in Deutschland z.B. – hat im historischen Vergleich deutlich niedrigere Durchschnittsrenditen als etwa produzierendes Gewerbe oder Dienstleistungen. Eine VDI-Studie schreibt sinngemäß: Die Bauwirtschaft befindet sich in einem schwierigen Umfeld… größere Unternehmen können mit Wissen ihre Position im aggressiven, dynamischen Umfeld verbessern, kleinere Betriebe haben es schwer. Dieses "aggressive Umfeld" bezieht sich auf den intensiven Wettbewerb. Tatsächlich verlassen manche Unternehmen den Markt (Insolvenzen) gerade wegen ruinösem Wettbewerb. Doch das passiert oft zeitversetzt, was bedeutet: In schlechten Marktphasen herrscht zunächst Überkapazität und starker Rivalitätsdruck, bevor einige Wettbewerber aufgeben und das Angebot sich anpasst.
Ein weiterer Treiber für Rivalität ist die Kostenstruktur: Bauunternehmen haben gewisse Fixkosten (Gerätevorhaltung, Kernpersonal, Verwaltung), und vor allem haben sie Interesse, ihre Mannschaft und Maschinen auszulasten. Bei Auftragsflaute drohen teure Leerzeiten oder Abwanderung von Fachkräften. Daher bieten viele Bauunternehmen lieber Projekte mit Minimalgewinn oder sogar Null-Marge an, als ihre Leute untätig zu lassen – nach dem Motto: "Lieber Arbeit ohne Gewinn als gar keine Arbeit". Diese Not kann den Preiswettbewerb noch verschärfen, weil Unternehmen bereit sind, extrem knapp zu kalkulieren, nur um im Geschäft zu bleiben. Das steigert natürlich die Rivalität auf ein ungesundes Niveau.
Zudem sind im Bau die Austrittsbarrieren teilweise hoch: Maschinen kann man verkaufen (mit Verlust), aber spezielles Know-how und Reputation gibt man ungern auf. Viele Betriebe sind Familienunternehmen, die nicht schnell mal den Markt verlassen, sondern auch Durststrecken durchstehen – aus Verpflichtung gegenüber Mitarbeitern oder Familientradition. Dieses "Durchhalten" bedeutet aber, dass auch bei Niedrigkonjunktur noch zu viele Konkurrenten vorhanden sind, was die Rivalität in der Branche aufrechterhält.
Die Rivalität äußert sich nicht nur im Preis. Manchmal werden Kapazitätserweiterungen trotz fraglicher Marktlage vorgenommen (z.B. neue Niederlassungen in weiteren Regionen eröffnet), um anderen zuvorzukommen – was den Druck weiter erhöht. Einige große Baukonzerne konkurrieren auch international, was wiederum Rivalität verlagert oder steigert (z.B. deutsche Firmen vs. türkische vs. chinesische in Afrika etc., aber das ist ein Randaspekt hier).
Interessant ist auch die Spaltung des Marktes in Nischen: Nischenanbieter, die sich spezialisieren (etwa auf Brückensanierung, Tunnelbau, ökologisches Bauen etc.), können sich dem härtesten Wettbewerb etwas entziehen, weil sie unikale Leistungen anbieten und weniger direkte Wettbewerber haben. Wie die österreichische Studie anmerkt, bilden Bauunternehmen, die Spezialleistungen mit hohem Know-how anbieten, eine Ausnahme in der sonst sehr kräfteintensiven Baubranche. Diese Nischen reduzieren die Rivalität zumindest innerhalb ihres speziellen Segments, weil die Differenzierung höher ist. Für die Branche als Ganzes sind solche Oasen aber klein, insgesamt bleibt der Hauptmarkt sehr kompetitiv.
Ein realer Indikator für Rivalität: Anzahl der Angebote pro Ausschreibung. Oft gehen auf öffentliche Ausschreibungen Dutzende Angebote ein. Für Standardgewerke in manchen Regionen erhalten Auftraggeber 10, 15 Angebote – ein deutliches Zeichen intensiven Wettbewerbs. Auch das Sinken der Preise im Zuge der Submission zeigt Rivalität: Häufig liegen die günstigsten Angebote deutlich unter den Kostenberechnungen der Auftraggeber (was diese freuen mag, aber dem Anbieter wenig Deckungsbeitrag lässt).
Zusammengefasst ist die Rivalität unter Bauunternehmen extrem hoch. Zitate aus der Literatur wie "Die Rivalität unter den vorhandenen Branchenteilnehmern beschreibt Porter als Form von Positionskämpfen – Taktiken wie Preiswettbewerb, Werbeschlachten, Einführung neuer Produkte und verbesserter Service" treffen auf die Bauwirtschaft vor allem im Aspekt Preiswettbewerb voll zu. Werbeschlachten sind weniger relevant, aber man sieht z.B. vermehrt Firmen ihre Leistungen digital vermarkten, dennoch entscheiden große Kunden nach harten Fakten (Preis, Referenzen). Die Rivalität in Zahlen: Häufig zweistellige Prozentsatz-Rückgänge bei Auftragsvolumen führen sofort zu massivem Preiskampf. So war 2020 die Corona-Delle klein, aber 2023/24 der Rückgang im Wohnungsbau > -5 % real – und prompt klagten viele Bauunternehmen über ruinösen Wettbewerb um die wenigen Aufträge, vor allem im privaten Wohnungsbau.
Die Bauindustrie kann daher als wettbewerbsintensiv und für die Anbieter schwer profitabel charakterisiert werden. Strategien der Unternehmen drehen sich oft darum, aus diesem intensiven Wettbewerb auszubrechen (Differenzierung, Spezialisierung, Internationalisierung) oder über Kostenführerschaft zu überleben (große Unternehmen versuchen Größenvorteile und Effizienz zu nutzen, um mit den niedrigen Margen leben zu können, und drängen kleinere vom Markt). Letzteres hat zu einer gewissen Konzentration an der Spitze geführt: Ein Drittel des Umsatzes im Bauhauptgewerbe entfällt auf große Bauunternehmen, was vermuten lässt, dass kleinere sich schwerer tun. Dennoch verhindert die Nachschub an neuen kleinen Firmen (siehe Markteintritte) eine starke Konsolidierung – Rivalität bleibt.
Immobilienunternehmen
Die Rivalität unter Immobilienunternehmen ist ein etwas komplexeres Bild, weil die Immobilienbranche aus mehreren Teilssegmenten besteht, die unterschiedlich strukturiert sind: Wohnungsunternehmen, Gewerbeimmobilieninvestoren, Projektentwickler, Makler, etc. Wir konzentrieren uns auf die Konkurrenzsituation bei Immobilienentwicklern und -investoren, also Unternehmen, die um Grundstücke, Projekte, Mieter oder Käufer konkurrieren.
Im Projektentwicklungsbereich (Bauträger) herrscht intensiver Wettbewerb um attraktive Projekte und Grundstücke. Ein Kennzeichen ist, dass es in prosperierenden Regionen viele Akteure gibt, die bauen möchten, aber nur begrenzt Baugrundstücke. Es kommt daher zu Wettbewerb um Land – was teils in Bieterwettstreiten um Grundstückskäufe resultiert. Hier konkurrieren Immobilienunternehmen indirekt: Wer mehr bietet, erhält das Grundstück, aber zahlt auch den Preis und hat dann entsprechend geringere Marge im späteren Verkauf. In Boomzeiten haben viele Entwickler sehr hohe Grundstückspreise bezahlt, um Projekte zu ergattern, was als Rivalitätsausdruck gesehen werden kann (man nimmt bewusst Gewinnminderung in Kauf, nur um das Projekt nicht dem Konkurrenten zu überlassen). Das erhöht das Risiko und drückt die Rentabilität – ein typisches Merkmal intensiver Rivalität.
Auf der Ebene des Absatzes (Verkauf von Immobilien) war die Rivalität zwischen Entwicklern bisher begrenzt spürbar, weil die starke Nachfrage vieles absorbierte. Doch wenn Absatz stockt, werden Entwickler zu Rivalen um die Käufer. Beispielsweise bei Eigentumswohnungen in einem bestimmten Stadtteil: Sind mehrere Projekte parallel auf dem Markt, werden die Entwickler mit ihren Angeboten konkurrieren – ggf. über Ausstattung, Preisnachlässe, Boni (Küche inklusive etc.). In Deutschland war lange hohe Nachfrage, sodass solche offensichtlichen Rivalitätsanzeichen selten waren, aber jetzt (mit Zinsanstieg) sieht man erste Konzessionen: Einige Entwickler bieten Sonderaktionen, niedrigere Quadratmeterpreise oder flexible Zahlungspläne, um Käufer zu gewinnen – was bedeutet, sie treten in einen Wettbewerb um die knappen Käufer mit anderen Projekten. Das ist Rivalität.
Bei Immobilieninvestoren/Bestandshaltern zeigt sich Rivalität vor allem im Wettbewerb um Mieter (bei Gewerbe) und um Kaufobjekte (bei Investments).
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Wettbewerb um Mieter: Nehmen wir Bürovermieter in einer Stadt: Wenn mehrere Bürogebäude leerstehen, konkurrieren die Eigentümer um die wenigen interessierten Firmen. Sie unterbieten sich ggf. in der Miete, bieten mietfreie Zeiten, Umbauten etc. – hier eindeutig Rivalität, die auf die Profitabilität drückt (Mieten sinken, Incentives kosten Geld). In diesem Sinne ist Rivalität in Immobilien eher marktphasenabhängig. In einem Vermietermarkt (Nachfrage > Angebot) gibt es wenig Rivalität um Mieter – die Mieter konkurrieren um Flächen. In einem Mietermarkt (Angebot > Nachfrage) konkurrieren Vermieter stark. Zurzeit (Mitte 2020er) deutet sich in einigen Segmenten (Büro, Einzelhandel) ein Mietermarkt an, was Rivalität unter Besitzern verstärkt. Aber in Wohnungen z.B. besteht oft noch Vermietermarkt, Rivalität der Vermieter um Mieter ist schwach (man muss wenig tun, um Mieter zu finden). Also: Rivalität in der Immobilienvermietung ist segmentspezifisch.
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Wettbewerb um Objekte (Transaktionsmarkt): Immobilieninvestoren wetteifern um attraktive Investments. In Niedrigzinsphasen floss viel Kapital in Immobilien, was eine Rivalität der Käuferseite erzeugte: Man outbiddete sich mit immer niedrigeren Renditeansprüchen (also höheren Preisen). Das könnte man als Rivalität interpretieren – die "Konkurrenten" hier sind die Investor-Firmen untereinander. Vonovia z.B. konkurrierte mit ausländischen Fonds um Wohnungsbestände, was Preise hochtreibt und Renditen runter – das ist ein Rivalitätseffekt, wo die Branche sich selbst die Profite schmälert durch Überbieten. Allerdings ist es anders als klassischer Konkurrenz um Kunden; es ist Konkurrenz um Ressourcen (Immobilienassets). In den Jahren um 2020 war diese Rivalität sehr stark: Viele Investoren, begrenzte Angebote, Resultat: Preise schossen hoch (Yield Compression), was zukünftige Renditen schmälert. Nun hat sich das etwas beruhigt, mit Zinsanstieg sind weniger Käufer da – Rivalität auf Kaufseite sinkt, Preise fallen, was man paradox als weniger Rivalität (kein Overpaying mehr) deuten könnte, aber auch als generelle Marktschwäche.
Marktstruktur und Konzentration: Die Immobilienwirtschaft (z.B. Wohnungswirtschaft in Deutschland) hat einige große Player, aber nach wie vor viele kleine (z.B. private Eigentümer). In der Vermietung von Wohnraum konkurrieren große und kleine Vermieter nur begrenzt direkt, da kleine oft in Nischen (ein Haus hier, eine Wohnung da) agieren und die Großen im Massenmarkt. Dennoch, dort wo sie Schnittmengen haben (z.B. in Berlin viele Anbieter um Mieter), existiert Rivalität, aber sie äußert sich meist über Service oder Modernität, da Mietpreise ja oft reguliert bzw. marktweit ähnlich. Einige große Wohnungsunternehmen versuchen, mit besserem Service (schnelle Reparaturen, digitale Mieterportale) einen Vorteil zu haben – ein Zeichen, dass sie sich differenzieren wollen. Gelingt Differenzierung, sinkt direkte Rivalität (man punktet über Qualität statt Preis). Wenn nicht, kann es z.B. bei hochpreisigen Neubauwohnungen zu Leerstand kommen, und Rivalen senken Mieten.
Differenzierungsgrad: In Immobilien ist jedes Objekt unik, aber aus Sicht des Kunden (Mieter/Käufer) gibt es oft Substitute in Form ähnlicher Objekte. Trotzdem können Unternehmen Rivalität begrenzen, wenn sie einzigartige Projekte entwickeln (Landmark-Gebäude, besondere Konzepte). Wer etwas Einmaliges im Portfolio hat, muss weniger mit anderen konkurrieren – wie Porter sagt, starke Rivalität herrscht besonders bei undifferenzierten Angeboten. Der Wohnungsmarkt ist oft wenig differenziert (Wohnung ist Wohnung, Lage macht den Unterschied, aber das ist extern), daher hohes Rivalitätsrisiko. Gewerbeimmobilien können durch Standort, Gebäudequalität sich differenzieren – doch am Ende zählen Miete und Lage primär.
Austrittsbarrieren: Immobilienunternehmen halten oft große Vermögenswerte, ein Rückzug aus dem Markt ist meist mit Verkauf der Assets verbunden – was je nach Markt schwierig ist (in einer Krise z.B. Verkäufe nur mit Verlust). Daher bleiben viele im Markt und versuchen durchzuhalten, selbst wenn Renditen schlecht sind – das prolongiert Rivalität.
Allerdings kennen Immobilien nicht so etwas wie sofortigen "ruinösen Wettbewerb" wie im Bau, da Preise sich träge bewegen und oft langfristige Verträge (Mietverträge) gelten. Rivalität spielt sich eher in Phasen der Neuvermietung oder -verkäufe ab.
Die Rivalität unter Immobilienentwicklern ist ebenfalls stark, aber die Akteure handeln klug: Sie bauen oft erst, wenn ein großer Teil verkauft/vorvermietet ist (um Preiskampf zu vermeiden). Sie meiden Überangebot, soweit möglich. Aber manchmal überschätzt die Branche die Nachfrage (z.B. zu viele Hotels in einer Stadt gebaut – dann Rivalität: Preisdumping bei Zimmerraten). Der Hotelmarkt z.B. ist bekannt für zyklenbedingte Rivalität: Wenn zu viele Hotels eröffnen, unterbieten sie sich in der Rate, Profit sinkt – klassischer Rivalitätsausdruck.
Makler und Dienstleister der Immobilienbranche (Verwalter, Beratungen) haben auch Rivalität. Makler konkurrieren heftig um Vermittlungsmandate; viele Makler, begrenzte Objekte -> Rivalität (Provisionen sinken, viel Marketingaufwand). Aber der Fokus hier ist auf Unternehmen mit eigenem Portfolio.
In Summe würde ich sagen, die Rivalität in der Immobilienbranche ist moderat verglichen mit Bau. Sie ist weniger sichtbar in Form von Preiskriegen außer in Überangebotsphasen. Die Branche hat Oligopol-Tendenzen in einigen Segmenten (einige große beherrschen Markt, wobei z.B. Vonovia und Co. aber auch nicht monolithisch agieren – sie achten schon auf Marktpreise statt gegenseitig Preiskampf, da Mietpreis durch Markt gegeben, Kartell kann Mietpreis kaum anheben, aber Rivalität heisst Mieter abwerben? Das passiert begrenzt, da Mieterwechsel kosten hat etc.).
Man kann anführen: Im Wohnungsmarkt ist Rivalität gering – Vermieter sprechen nicht mit Preisnachlässen, weil regulatorisch und nachfragegetrieben, sie füllen eher Wartelisten. Im Büro-/Handelsmarkt mittel bis hoch, je nach Zyklus – aktuell Tendenz steigend (Mieter sind schwerer zu finden, Vermieter buhlen). Unter Entwicklern war Rivalität um Grundstücke sehr hoch (was Landpreise trieb). Aber es gibt auch Kooperationen: Oft tun sich Entwickler in Joint Ventures zusammen, um große Projekte zu stemmen, statt aggressiv zu konkurrieren. Das mindert Rivalität zwischen großen etwas (man teilt sich Kuchen, jeder kriegt Teil).
Ein Indikator: Mietrenditen sanken auf Rekordtiefs -> Zeichen Rivalität auf Investorenseite. Leerstandsquoten in Retail stiegen -> Rivalität um Mieter stieg, entsprechend Mieten gesunken (sieht man an Top-Einkaufsstraßen: Mieten 2021/22 vielen um zweistellige Prozente).
Daher, Rivalität unter Immobilienunternehmen insgesamt moderat, aber mit Ausschnitten von hoher Rivalität in bestimmten Teilmärkten und Perioden. Die Profitabilität war bis zum Zinsanstieg hoch (für viele war es goldene Dekade), was impliziert, dass Rivalität nicht alles aufgefressen hat – im Gegensatz zum Bau, wo auch Boom nicht zu hohen Margen führte (viel Konkurrenz).
Vergleich: Bau: Rivalität dauerhoch, strukturell bedingt. Immobilien: Rivalität zyklich, in guten Zeiten schwach (alle verdienen gut), in schlechten Zeiten nimmt sie zu, aber oft wird reagiert (Neubau gestoppt, etc., um Marktentlastung zu schaffen – branchenweites Verhalten, quasi implizite Kapazitätsanpassung, die im Bau so nicht klappt wegen starrem Angebot kurzfristig).
Die Anwendung von Porters Fünf-Kräfte-Modell auf den Bau- und Immobiliensektor hat aufgezeigt, dass beide Branchen zwar eng miteinander verflochten sind, aber in ihrer Wettbewerbsdynamik teils deutlich divergieren. Bauunternehmen agieren in einem Umfeld, das von intensiver Rivalität, hoher Lieferanten- und Kundenmacht sowie vergleichsweise niedrigen Eintrittsbarrieren geprägt ist. Dies führt zu einem hart umkämpften Markt mit knappen Margen, in dem Erfolg oft nur über Kosteneffizienz oder Spezialisierung erreicht werden kann. Immobilienunternehmen dagegen sehen sich in der Regel höheren Markteintrittsbarrieren (Kapital, Know-how) gegenüber, was die direkte Bedrohung durch neue Wettbewerber dämpft. Die Verhandlungsmacht ihrer Kunden variiert stark mit der Marktlage – in Wohnungsmärkten mit Knappheit ist sie gering, während in gesättigten Gewerbemärkten Mieter durchaus Druck ausüben können. Lieferantenmacht spüren Immobilienunternehmen besonders in Form hoher Grundstückspreise und Baukosten, die von externen Marktbedingungen und der Situation der Bauwirtschaft beeinflusst werden.
Ein zentrales Ergebnis dieser Analyse ist, dass die Bauwirtschaft strukturell unattraktiver für die Anbieter ist als die Immobilienwirtschaft: Die stärksten Wettbewerbskräfte im Bau – die enorme Rivalität unter zahlreichen Anbietern und die starke Position der Kunden (Auftraggeber) – sorgen dafür, dass Bauunternehmen in der Wertschöpfungskette vergleichsweise wenig vom Kuchen behalten. Die Aussage "Je größer die Macht der Lieferanten oder Kunden, desto unattraktiver der Markt" bewahrheitet sich im Bau in beide Richtungen: Lieferanten (Baustoffhersteller, Fachkräfte) und Kunden (z.B. der Staat) nehmen jeweils einen erheblichen Anteil der Wertschöpfung für sich in Anspruch, sodass Bauunternehmen oft nur mit minimalen Gewinnen arbeitendl.lib.uom.lkbbsr.bund.de.
Demgegenüber konnten Immobilienunternehmen – insbesondere Bestandshalter – in den vergangenen Jahren vielfach hohe Renditen erzielen, begünstigt durch niedrige Zinsen und Wertzuwächse. Die Wettbewerbskräfte waren für sie milder: Bei Wohnungsvermietern etwa war die Rivalität untereinander gering, da die Nachfrage das Angebot überstieg, und neue Wettbewerber drängten aufgrund hoher Markteintrittsbarrieren nur vereinzelt in nennenswertem Umfang auf den Markt. Jedoch befinden sich auch Immobilienunternehmen nicht in einem statischen Umfeld: Die Substitutionsgefahr nimmt durch digitale Transformation und verändertes Nutzungsverhalten zu (Stichworte Homeoffice, E-Commerce). Zudem hat die Zinswende ab 2022 bereits spürbar den Wind gedreht – ehemals schwache Kunden (Käufer von Immobilien) gewinnen an Verhandlungsmacht, da Finanzierungen teuer und Käufer seltener werden; Rivalitäten nehmen im Vertrieb zu, da nicht mehr jedes Objekt automatisch einen Abnehmer findet.
Aus strategischer Sicht ergeben sich für beide Branchen wichtige Implikationen: Bauunternehmen sollten versuchen, der intensiven Rivalität zu entkommen, etwa durch Differenzierung (spezielle Leistungen, Qualität, Nischenmärkte) oder Konsolidierung (Größenvorteile nutzen, um Kosten zu senken und kleinere Konkurrenten zu überholen). Kooperationen in Form von Arbeitsgemeinschaften (Argen) bei Projekten sind ebenfalls gängig und mindern die direkte Konkurrenz bei Großaufträgen. Wichtig ist zudem, die Lieferkette zu managen – langfristige Partnerschaften mit Lieferanten und Subunternehmern können helfen, plötzliche Kostenschocks abzufedern und Abhängigkeiten zu reduzieren. Schließlich kann die Internationalisierung Chancen bieten: In weniger gesättigten Märkten oder in Spezialsegmenten international können Bauunternehmen unter Umständen bessere Margen erzielen, sofern sie wettbewerbsfähige Kompetenzen mitbringen.
Immobilienunternehmen wiederum stehen vor der Herausforderung, sich auf ein verändertes Umfeld einzustellen, in dem Kundenbedürfnisse und Rahmenbedingungen im Wandel sind. Strategien könnten hier sein: mehr Flexibilität in Angeboten (z.B. flexible Mietmodelle, Co-Working Spaces im Portfolio integrieren), stärkere Kundenorientierung (Service, Digitalisierung der Mieterbetreuung), und aktives Portfoliomanagement, um auf Substitutionseffekte zu reagieren (z.B. Reduzierung des Engagements in besonders substitutionsgefährdeten Segmenten wie Einzelhandelsimmobilien, Fokussierung auf robustere Segmente wie Logistik oder Wohnformen, die langfristig gebraucht werden). Auch Innovation kann ein Weg sein, sich vom Wettbewerb abzuheben – beispielsweise durch nachhaltige Gebäude (Green Buildings) oder smarte Wohnkonzepte, die dem Kunden einen Mehrwert bieten und weniger austauschbar sind. Zudem ist für Entwickler essentiell, das Risiko- und Timingmanagement zu verbessern: In Phasen drohender Überangebote frühzeitig auf die Bremse zu treten, um nicht in ruinösen Wettbewerb zu geraten, wie er etwa in einigen Überhitzungsphasen am Büromarkt anderer Länder beobachtet wurde.
Abschließend lässt sich festhalten, dass Porters Five Forces ein wertvolles Rahmenwerk bietet, um die Branchenstruktur und Wettbewerbsintensität im Bau- und Immobiliensektor systematisch zu verstehen. Die Analyse verdeutlicht, warum Bauunternehmen und Immobilienfirmen trotz ihres Zusammenspiels in Projektzyklen oftmals sehr unterschiedliche Margen und Risiko-Profile haben: Sie sind von unterschiedlichen Kräften "in die Zange genommen". Für Studierende und Akteure der Bau- und Immobilienwirtschaft liefert dieser Befund die Grundlage, strategische Maßnahmen abzuleiten. Wer die Kräfte kennt, kann versuchen, sie zu seinem Vorteil zu beeinflussen oder ihnen auszuweichen. Beispielsweise können Unternehmen Allianzen schmieden, um Marktmacht gegenüber Lieferanten oder Kunden aufzubauen (Clusterbildungen, Verbände), oder sie können durch Innovation und Spezialisierung der Vergleichbarkeit entkommen und so der direkten Rivalität entgehen. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie insbesondere Digitalisierung und Nachhaltigkeit die Branchenstruktur verändern – beide könnten neue Eintrittsbarrieren (etwa Know-how-Vorsprung bei Smart Buildings) schaffen oder alte absenken (z.B. PropTech-Startups als neue Wettbewerber). Ebenso wird sich erweisen, wie dauerhaft die in 2023 sichtbar gewordene Zurückhaltung auf dem Immobilienmarkt anhalten wird und ob ggf. eine Marktbereinigung bei Bauunternehmen erfolgt.
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