09.06.2025
Wertabschlag für Immobilien mit hohem Energieverbrauch
Warum unsanierte Immobilien an Wert verlieren
Wohnhäuser mit schlechtem Energiestandard (z. B. alte Öl- oder Gasheizung, ungedämmte Bausubstanz) haben stark an Wert verloren und finden teils nur noch schwer einen Käufer. Zunehmend bestimmt auch der energetische Zustand den Marktwert einer Immobilie. Käufer achten heute verstärkt auf Energieausweise; viele filtern Online-Angebote sogar gezielt nach guter Effizienzklasse (D oder besser) und ignorieren unsanierte Objekte in den Klassen E, F, G oder H. Für Eigentümer und Verkäufer bedeutet dies, dass fehlende energetische Sanierungen direkt in Preisabschlägen beim Verkehrswert sichtbar werden.
Energetische Sanierung und Immobilienwert
Der durchschnittliche Preis aller weniger effizienten Wohnobjekte liegt rund 20 % unter dem Preisniveau vergleichbarer Immobilien mit bester Energieeffizienz. In ländlichen Regionen können unsanierte Altbauten der Klasse H sogar im Schnitt etwa halb so teuer verkauft werden wie ein energetisch vergleichbares Objekt der Klasse A. Branchenexperten prognostizieren mittelfristig Preisabschläge von 20–30 % für Häuser mit Effizienzklasse D oder schlechter. Eine Studie des IfW Kiel ergab, dass eine top-sanierte Eigentumswohnung der Klasse A/A+ etwa 650 Euro pro m² mehr erzielt als eine vergleichbare Wohnung mit mittlerer Effizienzklasse D/E. Dies entspricht je nach Ausgangspreis einer Wertdifferenz von grob 15–25 %. Auch bei Mieten zeigt sich ein Aufschlag von ca. 0,85 €/m² für die effizientere Wohnung. Eine Auswertung von Wüest Partner (2023) zeigt, dass pro Verschlechterung um eine Klasse die Angebotspreise um durchschnittlich ~7,5 % sinken (ca. 80 €/m²). Dabei klafft insbesondere zwischen sehr guten und nur durchschnittlichen Klassen eine große Lücke: So werden Objekte der Klasse B rund 4–5 % unter A gehandelt, aber der Abschlag von B auf C beträgt bereits ca. 15 %. Bei Mehrfamilienhäusern zeigte sich ein ähnlicher Trend mit ca. 6 % Preisrückgang je Klasse – Klasse C bedeutete hier etwa 20 % niedrigeren Kaufpreis gegenüber Klasse A.
Unterschiede nach Objektart, Lage und Energieeffizienzklasse
Wie stark der Wert einer unsanierten Immobilie sinkt, hängt im Detail von mehreren Faktoren ab: Objektart (Wohnung vs. Haus), Lage (Stadt vs. Land) und natürlich der konkreten Energieeffizienzklasse. Generell gilt aber: Je schlechter die Energieklasse, desto größer der Preisnachlass – und desto deutlicher in strukturschwachen Lagen. In Großstädten und Metropolen fallen die Abschläge merklich aus, aber weniger drastisch als auf dem Land. Beispielsweise beträgt in den sieben größten Metropolen Deutschlands der Angebotspreis für ein Haus der Klasse C etwa 19 % weniger als für ein energetisch vergleichbares Haus der Klasse A. In ländlichen Regionen hingegen sind die Käufer noch preisbewusster: Dort werden für unsanierte Objekte der Klasse H im Schnitt 45–51 % niedrigere Preise aufgerufen als für effiziente Klassen A. Selbst schon Klasse B (nur wenig schlechter als Neubauniveau) liegt auf dem Land rund 16–19 % unter Klasse A – ein Indiz, dass außerhalb der Städte energetischer Modernisierungsrückstand besonders stark den Marktwert drückt. In urbanen Gebieten verstärkt eine gute Lage zwar immer noch den Preis, dennoch sind auch dort bei F- oder G-Rating rund ein Drittel Abschlag üblich. Mit abnehmender Nachfrage (auf dem Land) steigt der Druck, energetische Mängel über den Preis auszugleichen.
Unterschiede zeigen sich auch zwischen Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern sowie Mehrfamilienhäusern (Anlageobjekten). Daten deuten darauf hin, dass Einfamilienhäuser bei schlechter Energiebilanz prozentual ähnlich oder teils sogar stärker an Wert verlieren als Wohnungen – vermutlich weil Hauskäufer die Sanierungskosten alleine schultern müssen. Mehrfamilienhäuser als Renditeobjekte weisen unter vergleichbaren Bedingungen etwas geringere Aufschläge je Effizienzklasse auf. Laut einer Studie sanken die Kaufpreise von Mehrfamilienhäusern im mittleren Preissegment um durchschnittlich ~6 % je Klasse (knapp 90 €/m²), während bei Eigenheimen etwa 7–8 % je Klasse zu verzeichnen waren. Für Investorenobjekte zählt neben der Energieklasse also auch die erzielbare Mieteinnahme – was extreme Abschläge etwas abmildern kann, solange die Rentabilität stimmt. Dennoch: in allen Objektkategorien gilt ein negativer Zusammenhang zwischen Energieverbrauch und Preis.
Energieeffizienzklasse im Detail: Interessant ist, dass sich der Preisunterschied vor allem zwischen den Top-Klassen und dem Rest auftut. Energetisch hochwertige Immobilien (A/A+) blieben bis 2023 weitgehend preisstabil, während alle Klassen darunter deutlich im Wert nachgaben. Innerhalb der unteren Klassen D bis H hingegen gab es in einigen Erhebungen kaum signifikante Unterschiede – mit anderen Worten, ob ein Haus ein befriedigendes D oder ein miserables H hatte, spielte für den Angebotspreis weniger Rolle. Entscheidend war vor allem, nicht mehr in der Spitzengruppe zu sein. Dies deckt sich mit einem Befund des IW Köln: Objekte mit niedriger Effizienz (D–H) sind insgesamt stärker im Preis gefallen, aber untereinander relativ ähnlich rabattiert, während nur Objekte der besten Klasse A/A+ einen deutlichen Preisvorteil halten konnten. Für Verkäufer bedeutet das: Ist die Immobilie erst einmal unter Durchschnitt (z. B. Energieklasse E oder schlechter), hilft auch ein etwas besseres Label nur begrenzt – der Markt stuft alle als sanierungsbedürftig ein. Erst eine umfassende Sanierung auf Spitzenstandard würde den vollen Wertabschlag wettmachen.
Einfluss gesetzlicher Rahmenbedingungen (GEG, Sanierungspflichten, CO₂-Preis u. a.)
Politische Vorgaben und Gesetze nach der Energiekrise erhöhen den Druck zur energetischen Sanierung deutlich – was indirekt die Wertentwicklung unsanierter Immobilien beeinflusst. In Deutschland wurde 2023 kontrovers das Gebäudeenergiegesetz (GEG) novelliert, bekannt als „Heizungsgesetz“. Dieses sieht ab 2024 faktisch ein Verbot neuer reiner Gas- und Ölheizungen vor (65 % erneuerbare Energie Pflicht bei Heizungseinbau). Die monatelange Unsicherheit um dieses Gesetz hat viele Eigentümer verunsichert und die Preise ineffizienter Häuser zusätzlich gedrückt. Erst spät wurde klar, dass es keinen unmittelbaren Zwang zur Sanierung bestehender Heizungen geben soll. Kurzfristig mag das für etwas Entlastung sorgen, aber mittelfristig führt kein Weg an sparsamerer Technik und höherer Effizienz vorbei, um Klimaziele zu erreichen. Die öffentliche Debatte hat jedenfalls Käufer sensibilisiert: Schon die Angst vor gesetzlichen Verboten ließ die Nachfrage nach schlecht gedämmten Altbauten einbrechen.
Auch auf EU-Ebene stehen strengere Regeln an. Die Europäische Gebäuderichtlinie (EPBD) sieht vor, dass die energetisch schlechtesten Gebäude schrittweise modernisiert werden: Bis 2030 sollen Wohngebäude der Klassen H, G, F mindestens Klasse E erreichen, bis 2033 alle Wohnhäuser mindestens Klasse D. Diese Pläne sind noch nicht final beschlossen und wurden zuletzt entschärft, dennoch signalisieren sie klar die Richtung: In Zukunft wird ein Haus mit Energieklasse F, G oder H kaum noch ohne Sanierung zu halten sein, sei es wegen Nutzungsauflagen oder schlicht wegen rasant steigender Betriebskosten.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die CO₂-Bepreisung auf Heizenergien. Seit 2021 verteuert ein nationaler CO₂-Preis fossile Brennstoffe; er liegt 2024 bereits bei 45 € pro Tonne CO₂ (gegenüber 25 € in 2021) und soll weiter steigen. Für unsanierte Gebäude heißt das: Heizen mit Öl oder Gas wird kontinuierlich kostspieliger. Besonders relevant für Investoren: Seit 2023 gilt ein Stufenmodell zur CO₂-Kostenverteilung zwischen Mietern und Vermietern. In Gebäuden mit sehr hoher Emission (schlechte Effizienzklasse) muss der Vermieter bis zu 95 % der CO₂-Abgabe tragen. Nur bei sehr guten Häusern zahlt der Mieter den größten Teil. Mit jeder Tonne CO₂, die durch mangelhafte Dämmung verschwendet wird, steigen also direkt die Kosten für den Eigentümer. Diese Regelung erhöht den wirtschaftlichen Anreiz, Immobilien energetisch aufzuwerten, und mindert zugleich die Attraktivität unsanierter Mietshäuser für Käufer.
Zusätzlich bestehen bereits länger gewisse Nachrüstpflichten: Beispielsweise müssen Einfamilienhaus-Käufer innerhalb von 2 Jahren nach Erwerb die oberste Geschossdecke dämmen und veraltete Heizkessel (>30 Jahre) austauschen (laut EnEV/GEG). Kommen ab 2026 strengere EU-Vorgaben hinzu, könnten perspektivisch sogar Nutzungsverbote für völlig unsanierte Gebäude drohen – in einigen Ländern wird über ein Verbot des Verkaufs oder Vermietens unterhalb bestimmter Effizienzklassen diskutiert. Kurzum: Der regulatorische Trend benachteiligt unsanierte Immobilien immer mehr. Dieser „Politik-Risikofaktor“ ist bei jeder Kaufpreisfindung präsent und führt dazu, dass Käufer einen Risikoabschlag verlangen, solange keine Klarheit über kommende Pflichten besteht. Die Politik wiederum versucht mit Förderprogrammen (KfW-Kredite, Zuschüsse) gegenzusteuern, um Sanierungen finanziell abzufedern. Doch angesichts massiv gestiegener Sanierungskosten (+50 % seit 2019 in vielen Gewerken) bleibt die Finanzierung eine Herausforderung.
Quellen: Empirica-Institut, IW Köln, JLL/Deutsche Presse-Agentur, ImmoScout24, IfW Kiel, Tagesschau, Haufe, Focus Online, Techem
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